Samstag, 10. Januar 2009

Norwegen 2000 - Neue Wege - 24. Røros

Røros

Das feuchte Wetter, der graue Himmel und der böige Wind scheinen Einfluss auf die Laune der Menschen genommen zu haben. Wohin man schaut mürrische Gesichter. Zwei Augsburger, mit dem Motorrad angereist, ließen sich gar nicht erst auf einen Gruß, geschweige denn auf ein Gespräch ein. Obwohl sie ihren Platz gleich meinem Zelt gegenüber wählten. Nun denn.
Heute waren sie zumindest zu einem leichten Kopfnicken als Gruß bereit. Bevor ich mich auf den Weg machte, präsentierte sich mir noch eine Nebelkrähe. Grund genug den Fotoapparat zu zücken. Und tatsächlich blieb sie auf ihren Platz, ohne bei meiner Annäherung das Weite zu suchen, so wie es zahlreiche gefiederte Artgenossen zuvor getan hatten.

Ein Bild wie aus dem Modelleisenbahnkatalog (Almas Wald)
Mein heutiges Ziel war Røros, gut 200 KM von Trondheim entfernt. Bis zum Mittag sollte das Ziel zu erreichen sein. Auf dem Weg dorthin gab es einige kürzere Stopps. So an der Kirche von Melhus oder später auf der RV 30 in einem Gebiet das mit einem Pappschild als „Almas Wald“ bezeichnet wurde. Tatsächlich hatte die Landschaft ihren besonderen Reiz, der mich zu einem Stopp veranlasste.
Links und rechts der Straße sanfte bewaldete Hügel, rechts neben der Straße ein eingleisiger Schienenstrang und wiederum rechts davon ein kleiner Fluss mit der ein oder anderen Stromschnelle, in dem ein Angler sein Glück versuchte.
An der Stelle, wo die Straße einen neunzig Grad Bogen nach rechts macht versuchte ich dieses Bild der Unwirklichkeit einzufangen. Unwirklich deswegen, weil alles wie aus einem Modelleisenbahn Katalog wirkte. Die Straße, das Gleis, der Fluss, die Wälder, alles wirkte irgendwie künstlich. Und als in dem Moment auch noch der Vorortzug nahte war das Bild von der Modelleisenbahn perfekt.




Røros, bei strahlendem Sonnenschein in der Kirkagata
Die Landschaft blieb bis Røros beinahe gleichbleibend lieblich. Hier noch einmal ein kleiner Wasserfall, bunte Wildblumen am Straßenrand und das Grün der Wälder soweit das Auge reicht.
Pünktlich zur Mittagszeit war das Ziel erreicht und der Sonnenschein hatte sich gegen die grauen Regenwolken durchgesetzt. Das Thermometer war deutlich über die 25° C Grenze gestiegen. Die Parkplatzsuche war nicht ganz so einfach, jedoch der Platz am Bahnhof ist in der Lage die Besucherströme aufzunehmen.
Der erste Eindruck war, hier ist mehr los als am gestrigen verregneten Tag in Trondheim. Die Menschen schlenderten die Hauptstraße entlang. Ihre Gesichter spiegelten Zufriedenheit wider und die Kinder lachten, hüpften und sprangen an der Hand ihrer Eltern. Røros, die dreihundert Jahre alte Kupferbergwerk Stadt war so lebendig wie ein neugeborenes Kind.


Alt und neu nebeneinander
Der Kontrast gefiel mir, die durchaus modern eingestellten Menschen und die alten, durch die UNESCO geschützten Bergwerkshäuser. Auf halben Weg bergan liegt auf der linken Seite die Kirche. Einige Menschen hatten sich dort bereits versammelt und harrten der Dinge, die da kommen mochten. Als ich die Menschentraube erreichte sah ich den Grund für ihr Warten. Zwei Menschen wollten den weiteren Weg ihres Lebens gemeinsam beschreiten. Die Zeremonie fand in der alten Kirche statt. Und die Menschen, meist Touristen, erhofften sich das Paar in traditioneller Kleidung zu sehen. Es blieb bei der Hoffnung. Ein Verwandter näherte sich der wartenden Gruppe und bat darum die Privatsphäre zu respektieren. Das Brautpaar wollte nicht fotografiert werden. Die meisten Menschen in der Gruppe entsprachen dem Wunsch, doch leider gibt es auch immer wieder einige Unverbesserliche unter ihnen, die darauf keine Rücksicht nehmen wollten. „Jetzt sind wir nun mal hier also machen wir auch Bilder“, lautete der uneinsichtige Kommentar. Wie die Geschichte ausgegangen ist weiß ich nicht, ich habe meinen Weg fortgesetzt. Es ist einfach nur schade, dass manche Menschen sich nicht wie solche benehmen können und somit ein Bild im Urlaubsland hinterlassen, das nur von einer Minderheit bestätigt wird.



Dem Rentier ein Denkmal
Am Ende der Kirkegata liegt rechter Hand das Kupferbergwerksmuseum. Zuvor sollte man jedoch der Statue zur linken seine Aufmerksamkeit widmen. Sie zeigt ein Rentier und wurde von den Bergwerksleuten errichtet. Sie drückt den Dank an das Ren aus, das seine Heimat rund um die Kupfermine hatte. Ohne diesen lebenswichtigen Fleischlieferanten wäre es um einiges schwieriger gewesen die Kupfermine vor über dreihundert Jahren zu betreiben. Die Stadt Røros ist erst durch den Bergbau entstanden. Vorher gab es nichts als Wälder und Wiesen. Und alles was benötigt wurde musste mühselig herangeschafft werden.
Eine schöne Geste, wie ich finde, und überlege, wo wohl das Denkmal für das Schwein oder die Kuh bei uns im Land steht.



Die Bergmannshütten bis zu 250 Jahre alt und noch heute bewohnt
Auf einen Besuch des Museums habe ich verzichtet. Das Wetter war viel zu schön um sich durch dunkle Räume zu quälen. Stattdessen ging ich die Bergmannsgata zurück. Hier stehen die ältesten Bergwerkshäuser. Zum Teil älter als 250 Jahre. Grund genug die Stadt Røros als Weltkulturerbe anzusehen.
Längst hatte sich der Menschenstrom in alle Richtungen verteilt. Nur wenige Menschen begegneten mir. Ein Hauch der Vergangenheit und Stille umgaben mich im hellen Sonnenlicht. Und als wollte die kleine Katze diese Ruhe noch unterstreichen, lag sie friedlich in der milden Nachmittagssonne und ließ sich nicht einmal von fotografierenden Touristen stören.



Ein Teil der Kupferhalde, im Hintergrund die Kirche
Nach meinem mehr als zweistündigen Rundgang wurde es Zeit für eine Stärkung. In einer Nebengasse fand ich ein kleines Gasthaus. Dort entschied ich mich für Fjellfisk, was immer das sein mochte. Auf jeden Fall schmeckte es ausgezeichnet, dieser Bergfisch.

Gemütlichkeit an jeder Straßenecke
Am späten Nachmittag verließ ich Røros weiter Richtung Süden. Das landschaftliche Bild des Vormittags hielt weiter an. Alles wirkte irgendwie Miniaturhaft, klein, zerbrechlich und friedlich.


Da lassen sich nicht mal dösende Katzen stören





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