Samstag, 3. Januar 2009

Norwegen 2000 - Neue Wege - 19. Abschied von Norwegen

Abschied von Norwegen

Drei Wochen und ich hatte das Nordkap noch immer nicht erreicht. Es lag noch genau eine Tagestour von Alta entfernt. So verdammt nah und doch so weit weg. So weit weg, weil mir die Zeit im Nacken lag. Ich hatte mir gut vier Wochen für diese Tour gegeben inklusive der Reserve, dich ich nun voll aufbrauchen würde, auch ohne das Nordkap. Die Entscheidung fiel mir an diesem Morgen verdammt schwer. Meine Planung sah auch für Schweden noch einige Highlights vor und auf das ein oder andere wollte ich auch keineswegs verzichten. So fasste ich den Entschluss, dass das Nordkap warten musste. Die Planungen für das Nordkap beanspruchten insgesamt drei Tage, so dass am Ende tatsächlich nur noch die direkte Rückfahrt über Schweden übrig geblieben wäre. Eines war nach dieser Entscheidung klar, wenn auch vielleicht noch nicht gleich an diesem Morgen, Die gesamte Rundreise mit ihren Zeiteinteilungen war viel zu engmaschig.


Kirche in Kautokeino

Vom Campingplatz etwas außerhalb von Alta ging es also über die RV 93 nach Kautokeino. Knapp hundertzwanzig Kilometer lag der Ort entfernt. Es sollten die einsamsten zwei Stunden meiner gesamten Reise werden. Es gab keine einzige Ansiedlung auf der Strecke und gerade mal zwei Autos sollten mir in der Zeit begegnen. Während einer kleinen Pause auf einen Parkplatz, dessen einziger Gast ich war, dauerte es einige Minuten ehe ich begriff, das etwas fehlte. Es gab keine Vogelstimmen, keine Geräusche, nicht einmal das Säuseln des Windes war zu hören. Es herrschte absolute Stille. Bedrückende Stille, und die geschlossene graue Wolkendecke tat ihr übriges. Wenn die Einsamkeit im Sommer schon so bedrückend war, wie sollte es erst im Winter sein, wenn es monatelang kein Tageslicht gab? Unter diesen Umständen war das Problem Alkoholismus mit ganz anderen Augen zu sehen. Wenn schon so ein grauer Sommertag aufs Gemüt schlägt, müssen es die dunklen Wintertage erst recht.



An der finnischen Grenze, Tundra soweit das Auge reicht


Ich muss sagen, ich war richtig froh am frühen Mittag endlich wieder auf Menschen zu treffen. Ich aß zu Mittag in einem billigen Restaurant, schlenderte ein wenig durch die Ortschaft und konnte meine bedrückte Stimmung trotzdem nicht ganz abschütteln. Den Besuch in Juhl’s Silberschmiede machte ich nicht, obwohl ich ihn geplant hatte. Vielleicht war es die Wehmut, dieses schöne Land nun verlassen zu müssen, die mich diesen Tag nicht so recht genießen ließ. Ich wollte plötzlich nur noch fort, weiter in Richtung Schweden.
Bis zur finnischen Grenze und auch durch Finnland bis zur schwedischen Grenze war es ähnlich einsam wie zuvor. Man hatte das Gefühl, kein Urlauber fährt durch diesen Teil des Landes. Dass dem nicht so war zeigte sich kurz vor dem schwedischen Grenzübergang bei Kaaressuvando. Gleich mehrere deutsche Wohnmobile standen an der Tankstelle am Grenzübergang um ihren Benzinvorrat aufzufüllen. Ich tat es ihnen gleich und setzte meine Fahrt fort.




Kirche in Kaaressuando (Schweden)
Meine Stimmung besserte sich, trotz der zunehmenden Kopfschmerzen, als mir bei Vitangi das erste Rentier über den Weg lief. Drei Wochen war ich durch Norwegen gefahren und nicht eines war mir in der Zeit begegnet. Nun war ich kaum eine Stunde in Schweden, begegneten sie mir bereits. Die bedrückte Stimmung während der Fahrt war mit einem Mal fortgewischt. Norwegen war in diesem Moment abgehakt und Schweden sollte mir neue Urlaubserlebnisse bringen. Ich hielt die Begegnung im Bild fest und beendete wenig später meine Fahrt auf einen idyllisch gelegenen Campingplatz bei Svappavaara. Viel war hier nicht los, aber die Gastgeber waren um so freundlicher.



Rentier mitten auf der Straße (Wer ist wohl neugieriger, Tier oder Tourist?)
Lediglich die nicht bezahlenden und ungebetenen Gäste auf dem Platz brachten sich schmerzlich in Erinnerung, als ich im Freien saß und in Ruhe ein Buch lesen wollte. Plötzlich kamen sie von überall her, stachen und saugten was die Adern hergaben. Willkommen im Land der Mücken!
In dem großen Zelt der Samis, am offenen Feuer, war es erträglicher. Samische Musik erklang von einem CD- Spieler und kleine Speisen wurden auf Wunsch gereicht. Soweit es möglich war unterhielt man sich überwiegend in Englisch. Es herrschte eine gemütliche, beinahe familiäre Atmosphäre. Als ich an diesem Abend in mein Zelt kroch, hatte ich wieder das Gefühl zurück gewonnen, dass noch eine schöne Zeit vor mir lag.

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