Samstag, 26. Dezember 2009

Norwegen 2005 - Zu Land und Wasser - 11. – Teil 3 – Barentssee

Barentssee

Vielleicht hatte ich mir ja etwas zuviel vom Sværholtsklubben, dem größten Vogelfelsen, versprochen und so stellte ich enttäuscht fest, dass keine Seevögel auszumachen waren. Die Fahrrinne lag viel zu weit vom Ufer entfernt.

Sværholtskubben - Heimat vieler Seevögel

Bevor wir Kjøllefjord erreichten wurden einige Felsen am Ufer sichtbar. Eine Formation wird Finnkjerka, die Kapelle genannt. Das Felsgebilde davor sieht zwei kämpfenden Drachen ähnlich, aber nur solange der Blickwinkel stimmt. Der Ort selbst ist nicht mehr als ein kleines Küstendorf am Rande der Barentssee. Und wenn schon das von Menschenhand Erschaffene keinen Reiz bietet, dann sorgt die Natur für die kleinen Wunder im Nordmeer.


Die Finnkjerka bei Kjollefjord

... und ein Felsengebilde wie zwei kämpfende Drachen

Gerade im Hafen von Kjøllefjord eingelaufen schimmert das Wasser wie flüssiges Silber, welches von sanften, gleichmäßigen Wellen durchzogen wird. Mitten in dieser glitzernden Weite jagt ein Boot mit Außenborder und liefert das perfekte Motiv. Glück ist, in solchen Momenten an rechten Ort zu sein.

Der Küstenort Kjollefjord

Die vergangenen Tage hatte ich mich gefragt, warum es keine typischen norwegischen Speisen gab, mal abgesehen von den Fischgerichten. Es gab weder Elch- noch Rentierfleisch. Auch keine Schinken- oder Wurstprodukte aus dem Fleisch dieser Tiere. Dafür gab es einen Tag gar Hirschfilet. Nicht dass daran etwas auszusetzen gewesen wäre, ganz und gar nicht. Ich hatte einfach das Gefühl, dass etwas typisch Norwegisches auf der sonst perfekten Reise fehlte.

Lichtspiele am Kjollefjord

Am heutigen Abend sollten meine Wünsche erfüllt werden. Es gab norwegisches Büfett, mit allem was die traditionelle norwegische Küche zu bieten hat. Natürlich überwog auch hier wieder das Fischangebot, doch das interessierte mich heute nicht. Ich widmete mich der Rendeer- Saute. Geschnetzeltes Rentierfleisch mit Wildpilzen in Sahnesauce. Dazu Kartoffeln, geriebene Möhren und frischer Salat. Einfach perfekt, so schmeckt mir Norwegen!


Kirche von Mehamn

Während ich mir die Köstlichkeiten ausgiebig munden ließ, schließlich war es mein letzter Abend an Bord der Richard With, steuerte der Kapitän sein Schiff sicher dem nächsten Ziel entgegen.
Mehamn besitzt sogar einen eigenen Flughafen. Ansonsten unterscheidet sich dieser Ort kaum vom vorherigen. Die Ausnahme ist die große Steinkirche und die kleinen Häuser, die noch etwas farbenfroher wirken.


Karge Landschaft, bunte Häuser - Mehamn

Während wir den Hafen wieder verlassen denke ich daran, dass schon beinahe zwei Wochen verstrichen sind. Morgenfrüh werde ich von Bord gehen und einen weiteren Teil meiner Reise hinter mir lassen. Zeit meine Sachen zu packen und mich von der ein- oder anderen Bekanntschaft zu verabschieden. Danach heißt es dann schlafen gehen und das übrige Programm ungesehen vorbeiziehen lassen. Das ist ein großes Manko dieser Reise, immer wieder dem Wunsch nach Schlaf nachgeben zu müssen und dabei die Sehenswürdigkeiten zu verpassen.


Die Nordnorge hinter dem Hafen von Berlevåg

Bleibt mir nur noch ein paar Worte über die Crew und das Personal zu verlieren. Die gesamte Besatzung wird während der elftägigen Reise nicht ausgetauscht. Man muss sich also nicht an neue Gesichter gewöhnen. Die Frauen und Mädchen, die abends mit einem Lächeln das Dinner servieren, sind am nächsten Morgen die Zimmermädchen. Trotz des langen und sicher auch anstrengenden Tages hatte ich nicht einmal das Gefühl, dass die Freundlichkeit nur aufgesetzt war.


Hafen Berlevåg

Alle lieben ihre Arbeit und sind mit Freude dabei. In der Freizeit findet man sie schon mal auf dem Außendeck oder bei einem Stadtbummel, wenn das Schiff in einem Hafen einen längeren Aufenthalt hat. Ja selbst ihre Kinder kommen an den Wochenenden schon mal an Bord und begleiten Mama oder Papa ein Stück des Weges. Das alles klingt nach Traumjob, dennoch sollten wir als Gäste nicht vergessen was die Besatzung leistet. Elf Tage am Stück in verschiedenen Schichten zu arbeiten ist nicht leicht. Und dabei bieten sie uns einen stets freundlichen und perfekten Service. Vielen Dank dafür, ich habe mich wirklich wohl gefühlt.


Kleines Fischerboot auf dem Weg zur Arbeit








Norwegen 2005 - Zu Land und Wasser 11. – Teil 2 – Das Sein im Licht

Das Sein im Licht

Ein großer Teil der Passagiere wird zum Nordkapp fahren und dieses Felsmassiv bei strahlendem Sonnenschein erleben. Ich hatte derweil andere Pläne, sofern sie sich verwirklichen ließen. Eine halbe Stunde später hatte ich Gewissheit und saß im Taxi nach Skarsvåg.

Kurz vor der Insel Magerøy

Für rund fünfzig Euro, so der Deal, sollte mich der Fahrer zum nördlichsten Fischerdorf fahren und unterwegs einige Stopps einlegen, wenn wir Rentierherden begegnen sollten. Ich denke der Preis geht bei einer Fahrstrecke von rund 50 Kilometer in Ordnung.

Rentiere hinter Tufjord

Ein Stück hinter Tufjord ergab sich dann die erste Möglichkeit für einen Halt. Die Tiere hatten uns aber bereits bemerkt und waren geflüchtet. Im Dorf angekommen, erzählt mir der Fahrer von sich aus etwas über den Ort. Ganze 96 Einwohner leben dort noch, aber sie brauchen auf nichts zu verzichten.

... und schon wird die Flucht ergriffen

Es gibt eine Schule, einen Kindergarten, Lebensmittelgeschäfte, zwei Ärzte und eine Apotheke. Alles was zum Leben notwendig ist. Besonders im Winter, wenn das Dorf schon mal von der Außenwelt abgeschnitten ist. Der Fischfang ist nach wie vor Haupteinnahmequelle, allerdings auch ein Geschäft, dass immer weniger Bewohner satt macht. Vielleicht, so der Taxifahrer, ist Skarsvåg in zehn Jahren schon ein vergessener Ort.

Der kleine Fischerort Skarsvåg - Die Kirche


Die jungen Leute zieht es in die Städte weiter nach Süden. So wird eines Tages dann auch die Kirche zu groß sein, obwohl sie nicht mehr Fläche einnimmt als ein Einfamilienhaus. Der Glockenturm ist kaum höher als das Hauptgebäude und thronte er nicht auf einen kleinen Schuppen, könnte man ihn glatt für einen Brunnen halten. Menschen sind kaum zu sehen.

Gleich hinter der Kirche fühlen sich die Rentiere sicher

Ein kleines Kind blickte neugierig zu dem Mann mit den großen Kameras und ein alter Seebär nuckelte zahnlos an seiner erloschenen Pfeife. Es hatte den Anschein als wäre die Zeit stehen geblieben.

Blick auf den Tufjord

Hinter der Kirche, neben einem kleinen klaren Tümpel grasten friedlich eine handvoll Rentiere. Sie schienen keine Scheu zu kennen, blickten nur einmal kurz auf und widmeten sich dann wieder dem frischen Grün.

Löwenzahn und Richard With in Honningsvåg

Dann hieß es auch schon wieder zurück nach Honningsvåg. Auf der Rückfahrt waren noch einige Rentiere auszumachen. Insgesamt hatte ich aber das Gefühl, dass sich sehr wenige Tiere auf der Insel aufhielten. Vielleicht auch die Folge eines viel zu langen und strengen Winters.

Honningsvåg Hafenblick

Im Hafen angekommen bedankte ich mich bei dem Fahrer und legte zum vereinbarten Fahrpreis noch etwas Trinkgeld drauf. Immerhin hatte der freundliche Mensch nicht nur seine Pflicht erfüllt sondern freiwillig als Reiseführer fungiert.

Bunte Häuser bis an den Berghängen

Anschließend blieb noch etwas Zeit für einen Spaziergang durch den Hauptort der Insel. So bunt wie die Häuser, die von weitem wie ein bunter Blumenstrauß wirken, so sahen auch die Gärten aus. Allerdings waren hier ausschließlich Frühlingsgewächse zu finden. Osterglocken, Stiefmütterchen, Tulpen. Blumen, die bei uns längst verblüht waren. Hier standen sie in voller Pracht, einen Tag vor Sommeranfang.

Und schon hüllt er sich wieder in einen Nebelschal, der Nordkap- Felsen

Dann wurde es Zeit wieder an Bord zu gehen. Die Nordkapp- Besucher kehrten beeindruckt zurück, was nicht zuletzt am Wetter lag. Immerhin hatte das Thermometer die zwanzig Grad Marke überschritten.
Unser nächstes Ziel hieß Kjøllefjord. Zuvor blieb noch ein letzter Blick auf das Nordkapp. Es hatte seinen Besuchern die Gnade erwiesen sich unverhüllt zu zeigen, doch nun hüllte es sich wieder in ein weißgraues Tuch aus feinsten Wassertröpfchen. Nur das obere Drittel des Felsens war noch zu sehen.


Fischerboot vor Kjollefjord








Norwegen 2005 - Zu Land und Wasser 11. – Teil 1 – Early sunshine

Early sunshine

Am späten Abend ereichten wir Skjervøy. Links und rechts erhoben sich die schneebedeckten Bergmassive. Und wie es nun mal ist, wenn man isst, zogen die schönsten Motive unbelichtet vorbei. Um so schlimmer, da sie in warmen Sonnenstrahlen badeten. Da war sie wieder, die unbeholfene Wut auf menschliche Bedürfnisse. Anders herum wäre es wirklich zu schade gewesen, das köstliche Essen einfach zu verschmähen. Brav, wie es sich für einen wohlerzogenen Sohn gehörte, hatte ich meinen Teller geleert und zur Belohnung verweilte die Sonne auch nach dem Dinner noch.

Noch liegen dicke Wolkenbänder um die Berge an der Küste

Das Wetter klärte sich mehr und mehr auf und die tiefhängenden, sich auflösenden Wolken zauberten im Licht der untergehenden Sonne ein wahres Kaleidoskop an Farben in den Himmel. So schaute es auf Seeseite aus, während sich an der Küste die Wolken an die Felsmassive klammerten. Manchmal wirkten sie wie ein graues Tuch um den Hals eines Dinosauriers.


Der Küstenstreifen bei Skjervøy ist von Bergen umgeben

Skjervøy ist ein kleiner Ort mit einer sehr schönen Kirche. An- und ablegen benötigen beinahe mehr Zeit als der gesamte Aufenthalt. Wahrscheinlich hätte er überhaupt keine Erwähnung gefunden, wenn wenig später nicht dass eingetreten wäre, worauf wir beinahe drei Tage hatten warten müssen. Die Wolken lösten sich immer rascher auf und die Mitternachtssonne tauchte das Meer in goldene Töne.
Die Wolken lösen sich langsam aber stetig auf

Eine Stunde bevor wir Øksfjord erreichten, hatte die Sonne ihren tiefsten Stand über dem Meer. Die auflösenden Wolken bildeten reizvolle Kontraste. Gerade dieser Reiseabschnitt war offen zum Meer. Es gab keine Schären oder Inseln, die zusätzliche Kontraste geboten hätten.


Kirche von Skjervøy

Die wenigsten Menschen an Bord erlebten diesen nordischen Zauber. Die meisten von ihnen lagen eine Stunde nach Mitternacht längst in ihren Kajüten und träumten wahrscheinlich von der Mitternachtssonne.
So wie die Österreicher, mit denen ich in Skjervøy noch einige Worte gewechselt hatte. Sie waren der Ansicht das Wetter würde sich nicht mehr ändern. Das sagte ihnen ihre Erfahrung. Nur gut, dass ich da meine eigenen Erfahrungen habe.

Nach drei Tagen Abwesenheit zeigt sich die Sonne noch vor Mitternacht

In Tromsø war eine Gruppe Tschechen zugestiegen. Sechs Männer, die schon beim Dinner unangenehm aufgefallen waren. Für ein Foto vom gedeckten Tisch wurden andere Gäste kurzerhand zur Seite geschoben. Auf dem Oberdeck zeigten sie ein ähnliches Verhalten. Obwohl mehr als genug Platz war, rempelten sie andere Mitreisende einfach weg, um sich deren Platz zu nehmen, oder um ein gutes Foto zu machen.

Grund genug noch etwas länger auf Deck zu bleiben

Liebe Tschechen, habt ihr es mal mit Bitten oder Fragen versucht? – Das wirkt manchmal Wunder und erspart so manchen Ärger. Dieser folgte einen Tag später durch eine Ermahnung des Restaurant- Chefs. Nun aber genug davon und, so leid es mir tut, auch von der Mitternachtssonne. Gute Nacht!

... während die meisten diesen Moment verschlafen

Das darf doch nicht wahr sein! Ich hatte doch tatsächlich den Wecker überhört. Hammerfest liegt seit fast drei Stunden hinter uns und Havøysund direkt vor unserer Nase. Noch während ich schneller als sonst für das körperliche Wohl sorgte, das Frühstück wartet auch nicht ewig, zog der Windradpark an uns vorbei und das Schiff legte im Hafen an.

Am nächsten Morgen in Havøysund

Immerhin gelang es mir bei der Abfahrt noch einige Eindrücke zu sammeln. Bilder, die kaum in Worte zu fassen sind, begegneten mir. Der Himmel hatte den grauen Wolkenmantel abgelegt und leuchtete im schönsten Azur. Beim anschließenden Sonnenbad auf dem Oberdeck brauchten wir, die empfindlichen Wesen aus Fleisch und Blut, wohl eine wärmende Jacke und Wolldecken, um die Beine zu wärmen. Denn der eisige Wind schien direkt vom Nordpol zu kommen. Doch wurden wir von zarten Sonnenstrahlen gestreichelt. So sehr, dass uns wohlige Schauer über die Rücken liefen. Ein wunderbares Gefühl das alles andere vergessen ließ.

Ausfahrt aus der schmalen Bucht von Havøysund

Drei Tage ohne Sonnenstrahlen, das machte geradezu süchtig. Im Rausch der Wärme verfalle ich der Versuchung des Selbstportraits obwohl ich Bilder meiner selbst überhaupt nicht mag. Ich erspare euch meinen Anblick an dieser Stelle.
Während ich das Sonnenbad genoss näherten wir und der Insel Magerøy und somit Honningsvåg.



Landschaft bei Finnvika