Samstag, 7. März 2009

Norwegen 2002 - Mein Norwegen Tagebuch - 11. – Teil 2 – Karasjok – Samísche Mythen

Karasjok – Samísche Mythen

Nun hatte ich schon so viel erlebt und der Tag hatte gerade erst angefangen. Gegen zwölf Uhr trat ich meinen Weg nach Karasjok an.
Der Keinoelv (elv = Fluss) schlängelt sich wie eine riesige aber wohlwollende blaugrüne Schlange durch das weite Tal. Bis zur Hauptstadt der Samen, nach Karasjok, mussten gut hundertdreißig Kilometer zurückgelegt werden. Auf dem Weg dorthin gab es nur sehr wenige Ansiedlungen und ich war mir ziemlich sicher, ohne diesen Fluss gäbe es kein Leben in diesem Teil des Landes. Der Fluss diktierte das Leben. Kautokeino lag an seinen Ufern und an der ein oder anderen romantisch daherkommenden Flussbiegung waren die wenigen Ansiedlungen entstanden.
Karasjok erreicht man, wenn an einer Weggabelung die RV 92 in östlicher Richtung nimmt, während die RV 93 weiter nach Alta führt.

Der Regierungssitz der Samís in Karasjok

Wenn man sich Karasjok, der Hauptstadt der Samen, nähert fällt einem sofort das Parlamentsgebäude auf. Es ist Kreis- oder Spiralförmig angelegt, wobei der linke Teil einem traditionellen Zelt der Samen nachempfunden war. Holz überwiegt als Baustoff. Die Samen besitzen ein demokratisch gewähltes Parlament, deren Oberhaupt die Rechte seines Volkes in der norwegischen Regierung vertritt. Nach meinem Dafürhalten stellt diese Regierung eine Einmaligkeit dar. Mir ist kein anderes, demokratisch regiertes, Land bekannt, das innerhalb seiner Landesgrenzen einer Volksgruppe eine eigene Regierung zubilligt und deren Oberhaupt gleichzeitig Mitbestimmungsrecht in der Staatsregierung besitzt.

Nette Begrüßung im Sapmí- Themenpark

Hier in Karasjok gibt es einen Themenpark mit Namen „Sápmi“. Hier kann man sehr lehrreiches über die Menschen, also den Samen, und ihre Lebensweise erfahren. Ich besuchte das „Sápmi Theatre“ und nahm die Geschichten mit auf meine weitere Reise.

Moderne und Tradition im Sapmí- Theater

Geschichten wie diese: Die Samís sind ein modernes Volk. Autos, Schneescooter, Helikopter, Handys, Internet, nichts ist ihnen fremd obwohl man sie auch heute noch als Nomaden bezeichnen kann. Sie machen sich all die modernen Hilfsmittel dabei zunutze und versuchen doch gleichzeitig das Ursprüngliche ihres Volkes zu wahren. Ihre farbenfrohen Trachten sind ein Teil davon, ihre Musik, die sogenannten Yoiks ein weiterer, vielleicht auch wichtigerer Teil, ebenso wie ihr Glaube. Die Samís drücken sehr viele ihrer Gefühle in dieser Musik aus.
Wird ein Kind geboren, komponiert man einen Yoik. Dieses Stück ist unverwechselbar und einzig für diesen Menschen. Liebe, Hass, Trauer, Schmerz, für all diese Dinge dichtet der traditionelle Samí einen Yoik. Selbst für das Rentier, das er schlachtet, widmet er einen Yoik. Als Dank dafür, dass dieses Tier die Menschen mit seinem Fleisch nährt und mit seinem Fell wärmt. Das zeigt zum einen wie naturverbunden dieses Volk ist und erklärt sich zum anderen in seinem ursprünglichen Glauben.

Das Einzugsgebiet der Samís, die sich in Nord, Süd, West und Ostsamís unterteilen

Dieser besagt, dass es nichts außer einem Rentier gab. Einem besonderen Rentier mit schneeweißem Fell. Aus seinen Adern wurden die Flüsse, aus seinem Fell die Bäume und Wiesen und aus seinen Augen der Sternenhimmel und das Polarlicht. Aus seinem Herzen schließlich wurde die Sonne, die alles Leben gedeihen ließ und aus dem Herzschlag wurde der Yoik. Dieser wird auch heute noch auf einer besonderen Trommel gespielt dessen Ton dem Herz- oder Hufschlag ähnelt.
So die Geschichte, die in diesem Theater erzählt wurde und damit endete, dass sich der Erzähler, ein junger Samí, die Frage stellte: „Was würden unsere Ahnen sagen wenn sie uns heute so sehen könnten? Wären sie zufrieden mit dem was wir geschaffen haben, oder würden sie sagen, dass wir den ursprünglichen Weg längst verloren haben?“
Ich war schon sehr beeindruckt, besonders die Geschichte von dem weißen Rentier hatte mir gefallen.


Rentiere sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor der Samís

Alles in allem hatte ich bis hierher einen sehr erlebnisreichen und schönen Tag verbracht, den ich nun mit einem traditionellen samíschen Essen abrunden wollte.

Unter diesem Grashügel verbirgt sich ein traditionelles Restaurant

Die Gelegenheit dafür war gegeben. In einer riesigen Storgammen, (was soviel wie große Hütte bedeutet), war ein entsprechendes Restaurant untergebracht. So traditionell wie das Gebäude war auch die Innengestaltung. Man saß auf schlichten Holzbänken, die mit Rentierfellen bedeckt waren im Kreis um ein offenes Feuer. Oben im Dach war ein Kamin für den Rauchabzug. Auf einem Gitterrost am Feuer stand ein großer Kessel mit Kaffee und als Tisch diente ein simpler Baumstumpf. Wenn ich schon traditionelle Küche essen wollte, dann richtig und so hatte ich mich für das „Bidos“ entschieden.

Die Rezeption des Restaurants (ohne Elektrizität)

Dies ist eine Art Gulaschsuppe bestehend aus Rentierfleisch, Schafsfleisch, Kartoffeln und Karotten und wird in einem großen Topf über offenem Feuer gegart. Dazu wird ein süßliches Brot gereicht. Und wie es sich gehört einen starken Kaffee. Dämmriges Kerzenlicht, etwas anderes gab es in dem Restaurant auch gar nicht, rundete das wild romantische Ambiente ab.

Flusslandschaft in Karasjok. Im Hintergrund das Regierungsgebäude

Dort lernte ich dann auch einen Briten kennen, er stammte aus London und hatte für sich eine ganz interessante Geschichte. Er sprach deutsch, so dass wir uns länger unterhalten konnten und war auf dem gleichen Campingplatz, wie ich, einquartiert. Doch darüber später mehr.

Kleine Kirche in Karasjok







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