Montag, 29. Dezember 2008

Norwegen 2000 - Neue Wege - 12. Svartisen Gletscher

Svartisen Gletscher
Die Nacht war, wegen der geschilderten Umstände, sehr kurz. Trotzdem kann ich den Platz all jenen empfehlen, die das Angebot rund um den Svartisen Gletscher nutzen wollen. Geboten wird jedenfalls reichlich. Neben dem Gletscher bieten sich Führungen durch die Grønli Grotte an. Und auch nur um zu wandern ist das Gebiet sehr empfehlenswert.
Ich wollte also zum Gletscher. Bis zum Svartisvatnet benutzte ich dann doch das Auto. Ursprünglich wollte ich die Strecke mit dem Fahrrad fahren, aber nach der schlaflosen Nacht entschied ich mich dagegen.
Das Café am See war bereits geöffnet, so dass ich mir die Wartezeit mit einer Tasse Kaffee vertrieb. In dem Café gibt es einige Bilder, die die Gletscherentwicklung dokumentieren. Noch vor 150 Jahren lag der Svartisvatnet unter dem Gletschereis. Hundert Jahre später endete das Eis dort wo sich heute der Wasserfall in den See ergießt. Und dann bedurfte es nur noch fünfzig Jahre um ihn weitere vier Kilometer zurück zu drängen. Soweit also die Theorie, von der einige der Anwesenden schon überrascht waren. Sie waren hierher gekommen, in der Hoffnung, den Gletscher gleich vor Augen zu haben. Von der Schifffahrt und der anschließenden Wanderung zum Gletscher hatten sie nichts geahnt. Einige verließen den Ort auch wieder, weil es nicht in ihren Zeitplan passte.
Der Gletscherabfluss, ein tosender Wasserfall
Um elf Uhr ging es mit es mit dem Motorboot über den giftgrünen Svartisvatnet zur anderen Seite. Die Fahrt dauerte knapp dreißig Minuten. Diese kleine Personenfähre ist das einzige Schiff, das auf dem See fahren darf. Für alle anderen Vergnügungen ist der See gesperrt. Der Grund dafür wird schnell klar, wenn man mal den Finger ins Wasser steckt. Es handelt sich um gesättigtes Wasser. In jedem Liter befinden sich Millionen von feinsten Gesteinspartikeln, die der Gletscher vom Berggestein abgeschliffen hat und über die Zuflüsse in den See gelangt sind. Daher rührt auch die giftgrüne Färbung.
Am Fuß des Svartisengletschers
Am anderen Ende des Sees ging es dann zu Fuß weiter. Die Fährmann erinnerte noch einmal daran, dass die letzte Rückfahrt Punkt achtzehn sein würde. Wer nicht pünktlich war durfte eine Nacht am Gletscher verbringen.
Zum Gletscher hinauf gibt es keine festen Wege, trotzdem reicht gutes Schuhwerk aus um ans Ziel zu gelangen. Die Wanderung ist auch nicht sonderlich anstrengend obwohl es stetig bergan geht.
Der Wasserfall zur Linken begleitet uns ein ganzes Stück ehe er oben in eine Felsenhöhle verschwindet. Er dient gleichzeitig als Ablauf für den oberen Gletschersee, dem Austerdalsvatnet. Die Flora in unmittelbarer Umgebung des Gletschers ist spärlich. Moosflechten, Wollgras und geduckt wachsendes Gestrüpp oder schon mal eine kleine Birke, mehr ist nicht zu finden. Aber auch der Berg hat einiges zu erzählen wenn man nur genau hinschaut. Anhand der Linien im Gestein kann man genau nachvollziehen in welchem Tempo sich der Gletscher zurück gezogen hat.

Noch reicht das Eis bis in den oberen Gletschersee
Während des Aufstiegs wurde es immer wärmer und ich fragte mich schon wofür ich eigentlich die Jacke in meinem Rucksack gesteckt hatte. Die Antwort bekam ich nach fünfzig Minuten gemütlicher Gangart. Der Gletscher war noch gar nicht zu sehen aber deutlich zu spüren. Es wurde windiger und gleichzeitig kälter. Ich erinnerte mich an das Phänomen, dass ich bereits am Jostedalsbreen kennen gelernt hatte. Hier war es nicht anders und trotz der fünfundzwanzig Grad musste nun die Jacke hervorgeholt werden. Noch eine letzte Felsnase umrundet, dann lag er vor mir, ein Ausläufer des Svartisen Gletschers. Was man hier sah, war nur ein Bruchteil eines Gesamtwerkes welches die Natur geschaffen hatte. Hier wurde der Gletscher seinem Namen jedoch nicht gerecht. „Svartisen“ = schwarz oder schwarzer Gletscher. Seine Farben reichten von Elfenbein bis ins bläuliche.


Gletschereis im Sonnenlicht
Ich suchte mir einen guten Platz mit Blick auf das ewige Eis, dessen Endlichkeit bei genauerem Betrachten zu erahnen war, und packte das mitgebrachte Obst und die Brote aus. Hier, wenige Schritte von mir entfernt begann die Gefahrenzone, wie die vielen Warntafeln erklärten. Man sollte sich keinesfalls dem Eis nähern, da es ständig in Bewegung war und jederzeit explosionsartig abbrechen konnte. Viele der Touristen hielten sich jedoch überhaupt nicht daran und marschierten geradewegs bis zum Fuß des Gletschers oder sogar den Berg hinauf um ihn von oben betrachten zu können. Mir genügte die Nähe seiner eisigen Eminenz.


Es blüht nicht viel auf kargem Fels - Wollgras

Ja, tatsächlich, für mich hatte dieser Gletscher etwas Erhabenes, etwas königliches. Wenn man sich nur mal vorstellte, dass das Eis mehrere tausend Jahre überdauert hatte. Was für eine Zeitspanne das im Vergleich zu unserer Zeit auf diesem Planeten war. Nachdem ich mich gestärkt hatte und ein Foto mit mir vor der Kulisse machen ließ, machte ich mich auf den Rückweg. Den Weg, den ich gekommen war, galt es nun in umgekehrter Richtung zu gehen.


Am Felsen ist die Arbeit des Gletschereises gut abzulesen

Am Nachmittag traf ich wieder auf den Campingplatz in Rossvoll ein. Eigentlich war noch Zeit genug weiter Richtung Norden zu fahren, aber der fehlende Schlaf der vergangenen Nacht hielt mich davon ab. So verbrachte ich die Abendstunden damit im Liegestuhl zu liegen und mich noch einmal mit dem deutsch sprechenden Mädchen zu unterhalten.






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