Sonntag, 28. Dezember 2008

Norwegen 2000 - Neue Wege - 4. Hardangervidda Hochebene

Hardangervidda Hochebene

Es war Sonntag, das einzige was ich an Zeit ein wenig nach hielt. Und wie der Name des Tages schon richtig sagte, war er dazu ausersehen mir einen weiteren Sonnentag zu bescheren. Der heutige Abschnitt sollte mich durch die Hochebene der Hardangervidda führen. Zuvor sollte ich aber Bekanntschaft mit Pleiten, Pech und Pannen machen.
Die erste Panne erlebte ich Eidfjord. Etwas abseits des Ortes führt ein Weg zur Kjæsen Aussicht. Die fünf Kilometer lange Strecke unterliegt einer besonderen Verkehrsreglung. Halbstündlich wechselt die Fahrtrichtung und ich kam just zu dem Zeitpunkt an, wo der Verkehr nur talwärts floss. Eine halbe Stunde warten wollte ich nicht, also strich ich diesen Teil von meinem Tagesprogramm.
Nächster Punkt war der Besuch des Naturkunde Zentrums Eidfjord. In Eidfjord hätte ich jeden Stein umwälzen können, ich hätte das Gebäude nicht gefunden. Eine Karte am Infostand zeigte mir, dass es in Øvre Eidfjord lag. Mein Pech hielt sich noch in Grenzen, da der Ort auf dem Weg lag. Dafür schlug die Pleite dann um so härter zu. Ein gepfefferter Eintritt für etwas, das recht Unscheinbar wirkte, fand ich.
Naturkundezentrum in Øvre Eidfjord
O doch, das Gebäude war schon recht imposant, nur das was drinnen geboten wurde war etwas dürftig. Natürlich steht es jedem offen, die Sachlage anders zu sehen. Ich jedenfalls hatte mir doch etwas mehr vorgestellt als ein paar ausgestopfte Tiere und einige Modellszenen darüber, wie die Menschen vor tausend Jahren in der Hardangervidda gelebt haben mochten.



Der Vøringfossen. Von hier stürzt er in Måbøtal
Nach zwei vergebenen Stunden konnte es nur noch besser werden, also folgte ich dem Ruf der Hochebene. In deutlichen Steigungen und teilweise wahnwitzigen Serpentinen schlängelte sich die RV 7 der Hochebene entgegen. Dort wo die Berge im Weg waren, waren sie kurzerhand durchbohrt worden. So führte ein guter Teil des Weges durch diverse Tunnel und an ihrem jeweiligen Ende öffneten sich neue Aussichten. Überhaupt wechselte die Landschaft nun rasend schnell. Gerade noch auf Meeresspiegelniveau unterwegs, befindet man sich eine halber Stunde später schon gut achthundert Meter darüber.

Vøringfossen und Regenbogen
Der Voringfossen war mein erstes Ziel in der Hochebene. Irgendwo hatte ich gelesen, man solle den Touristenparkplatz meiden und stattdessen zum Hotel Fossli fahren. Die Aussicht von dort sei grandios. Der Touristenparkplatz lag zwei Kilometer vor dem Hotelparkplatz, also hatte ich Gelegenheit diesen Tipp persönlich zu prüfen. Die Aussicht ins Tal war ganz gut, der Blick auf den gigantischen Wasserfall der dreihundert Meter im freien Fall hinabstürzt war eher dürftig. Nächstes Ziel also das Hotel. Der Parkplatz ist gebührenpflichtig, das hatte der Tippgeber auch nicht verschwiegen, aber dafür bekam man wirklich was geboten. Ich fürchte, wenn ich das jetzt laut herausstelle werde ich beim nächsten Mal kein freies Plätzchen mehr finden, dennoch werde ich es nicht für mich behalten. Die Aussicht ist wirklich, und ohne Übertreibung, grandios. Und wenn, wie an diesem schönen Sonntag auch noch die Sonne vom blauen Himmel strahlt und der feine Tröpfchenschleier einen Regenbogen zaubert dann sind die zwanzig Kronen fürs Parken mehr als gut angelegt. Die Gegend um das Hotel lädt zudem zum Spazieren gehen ein. Und wenn man schon mal hier ist, kann man auch gleich mal die vorzügliche Küche genießen. Vielleicht sollten sie das nur nicht so früh versuchen, wie ich. Für viele von uns ist dreizehn Uhr durchaus eine gute Mittagszeit, für die Norweger ist das entschieden zu früh. Trotzdem wird man deswegen nicht des Hauses verwiesen. Freundlich und zuvorkommend entsprach man meinem Wunsch nach einem guten Mittagessen.

Hardangervidda, Schneefelder auch im Hochsommer
Peinlich gerührt stellte ich fest, dass ich der einzige Gast im riesigen Speisesaal war. Nur die freundliche Bedienung hielt mich davon ab meinen Entschluss rückgängig zu machen und das war gut so. Nachdem ich mich für das Fischbuffet entschieden hatte schwirrten plötzlich gleich drei Bedienstete um mich herum. Ein tolles Gefühl, dass ich denn auch in vollen Zügen genoss, ebenso wie das reichhaltige Buffet. Nach anderthalb Stunden füllte sich ganz langsam das Restaurant und die Aufmerksamkeit der Bediensteten galt mir nicht mehr allein. Aber ich war ja auch gesättigt, vielleicht auch ein bisschen mehr als das, und natürlich war ich zufrieden. Ich beglich den anfänglich als recht stolz eingeschätzten Preis und setzte meinen Weg fort.


Da bekommt man doch glatt Lust aus eine Schneeballschlacht
Nach dem der Morgen nicht so ganz nach meinem Geschmack begonnen hatte, machte der Tag nun alles wieder wett. Weiter ging es nach Dyranut. Zur Linken nahm ich einen merkwürdigen Steinwall wahr, zwischen zwei Bergen und eindeutig künstlich angelegt. Ich kümmerte mich nicht darum. Erst später, bei einem Blick in die Karte, entdeckte ich, was ich nicht entdeckt hatte. Es handelte sich dabei um den Sysenstaudamm. Der Weg zurück war zu weit, also musste ich mit dem Verlust der Entdeckung leben.
Inzwischen war ich auf über zwölfhundert Meter Höhe. Das gute Essen schrie nach einem Spaziergang, den ich dann auch unternahm. Der herrliche Blick Richtung Norden auf den Hardanger Jøkulen Gletscher, die endlos erscheinende Weite im Süden und Osten, die unzähligen Vogelstimmen, das alles nahm ich in mir auf und ließ es tief in meine Seele gleiten.


Lehmhütten, so schützten sich die Bewohner in vergangenen Zeiten
Bei Halna traf ich auf einige Lehmhütten vergangener Tage, die heute als kleines Museum und als Verkaufsstand für Andenken diente. Und hier begegnete mir das erste Rentier, allerdings war es eine Begegnung der erbärmlichen Art. Gehalten in einen kleinen Gatter und von Touristen angeblufft damit es im Kreis lief, während die Gaffer ihre Videokameras darauf hielten. Ich schüttelte nur den Kopf und fuhr weiter.



Flusslandschaft in der Hochebene

Die Schneefelder wichen wieder zurück, bewohnte Ortschaften wurden sichtbar und bei Geilo blieb die Hochebene endgültig zurück. In Gol folgte ich noch ein kleines Stück der RV 52 nach Hemsedal, wo ich mir mein Nachtlager auf einen ruhigen Campingplatz einrichtete. Schon war auch dieser Tag voller Eindrücke beendet. Abends lauschte ich den Gitarrenklängen und Liedern einer deutschen Jugendgruppe und tauschte mich mit einem Paar aus Jena aus. Ganz nebenbei bemerkte ich, dass ich gar nicht allein war, obwohl ich allein reiste.




Alte Kirche bei Hol







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