Sonntag, 24. Mai 2009

Norwegen 2002 - Mein Norwegen Tagebuch - 34. Teil 1 - Drei Fjorde

Drei Fjorde

Nachdem es am Abend geregnet hatte, blieb es in der Nacht weitgehend trocken. Als ich gegen acht Uhr das Zelt verließ fand ich eine verschleierte Landschaft vor. Der Fjord hinter mir versteckte sich hinter dichtem Nebel, die Berge am anderen Ufer zeigten jedoch ihre Spitzen, die von der Sonne beleuchtet wurden.
Der Campingplatz selbst lag noch im dunklen Schatten des Berges direkt vor mir. Seine bewaldeten Hänge hatten sich ebenfalls verschleiert. Die feuchten Tücher lasteten schwer auf den Bäumen. Zur Linken weitere Erhebungen über denen sich schon das zaghafte Blau des Himmels zeigte während große weiße Wolken etwas tiefer die Berghänge verhüllten.
Je später es wurde und je höher die Sonne stieg, umso leuchtender wurde die Umgebung. Kaum trat die Sonne aus dem Schatten des Berges, und die Sonnenstrahlen trafen auf den Dunst, konnte man sehen wie sich die Nebelschleier verflüchtigten. Die Sonne stillte ihren Durst an den Nebel- und Tautropfen!
Das leuchtende Grün des Fjords wurde sichtbar, die Berghänge versteckten sich nicht länger hinter den Nebelschleiern und mein Zelt wurde innerhalb weniger Minuten getrocknet. Für die heutige Fjordtour schien sich genau das richtige Wetter anzukündigen.

Altes Segelschiff in Kaupanger


Die Schiffstour begann mit einem kleinen Missverständnis. Der Fahrkartenverkäufer wollte mir kein Ticket verkaufen, weil die Fähre wohl so klein war. Merkwürdig daran war nur, ich stand in der ersten Reihe als vierter, die zweite Reihe hatte aber bereits Fahrkarten. Lange Rede kurzer Sinn, ich bekam mein Ticket und konnte mitfahren.
Die Fähre war wirklich klein und als auch noch zwei Reisebusse auf die Fähre fuhren wurde es am Oberdeck, durch die vielen Reisenden verdammt eng.


Kleine Stabkirche von Kaupanger

Von Kaupanger ging es über den Lærdalfjord. Die Bergwelt war schön anzusehen aber nicht wirklich aufregend. Zudem stand eine Dunstglocke über den Bergen, so dass die Sicht ein wenig getrübt wurde.
Das erste Highlight gab es bei Indre Frønningen in Form einer Katamaranfähre. Mitten auf dem Fjord wurden die Maschinen gestoppt, unsere Fähre kreiste langsam und die Schnellbootfähre legte bei uns an! Keinesfalls eine Touristenshow sondern Alltag. Sozusagen eine Haltestelle mitten auf dem Fjord. Drei Passagiere stiegen um und nach zehn Minuten ist alles vorbei. Logisch dass die Touristen trotzdem applaudieren.

Blick auf den Lærdalfjord

Die Sonne marschierte inzwischen stetig zum höchsten Stand und brannte dabei gnadenlos. Trotz Sonnenmilch im Gesicht und auf den Armen spürte ich, wie die Haut sich nach kurzer Zeit spannte. Schatten bot das Oberdeck nicht gerade viel, zudem begann es langsam interessant zu werden. Wir erreichten den Aurlandsfjord. Links und rechts rückten die Berge zunehmend näher. Nach einer guten Stunde war der Abzweig zum Nærøyfjord erreicht und jetzt wurde es erst richtig dramatisch. Zu beiden Seiten rücken die Bergwände noch enger zusammen, stiegen gut tausend Meter steil empor und gleichzeitig wand sich der Fjord wie eine Schlange. Oft sah man zu allen vier Seiten nichts als Berge. Nichts für Menschen mit Klaustrophobie. Einige Wasserfälle tauchten auf, und was viele überraschte hier gab es Ansiedlungen am Ufer des Fjords ebenso wie hoch oben auf den Gipfeln.

Bitte umsteigen! Fährhaltestelle auf den Lærdalfjord

Kurzfristig wurde die Landschaft zur Nebensache. Einer der Touristen begann unsere fliegenden Begleiter mit Nüssen zu locken. Binnen weniger Minuten waren an die zwanzig Möwen zur Stelle und vollführten akrobatische Kunststückchen. Das faszinierte nicht nur die überwiegend deutschen Touristen, auch Italiener, Schweden und Norweger waren von den Darbietungen angetan. Und manche Flugmanöver waren so atemberaubend, dass die Leute sogar applaudierten, erwischte die Möwe einen Nusskern im Flug. Und das passierte gar nicht mal so selten weil sich gleich mehrere Möwen mit Geschrei in die Tiefe stürzten.


Blick in den Aurlandsfjord

So gingen auch hier wieder etliche Bilder verloren, wobei ich auch immer versuchte die Landschaft mit einzufangen, die jetzt auch immer aufregender wurde.
Die optische Enge und die daraus resultierende Bedrohlichkeit wurden durch die strahlende Sonne, den wolkenlosen Himmel und dem gleißenden Wasser wieder relativiert.


Akrobaten der Lüfte. Gar nicht scheue Seemöwen

Unzählige Wasserfälle, mal kleine Rinnsale, silbrig schimmernde Fäden flüsterten sich leise ins Tal. Andere, groß und laut donnernd verloren auf dem langen Weg ins Tal, sechs- manchmal achthundert Meter an Kraft. Die Wasserschleier, vom Wind verweht, von der Sonne verdunstet, blieb oft nicht mehr als ein tröpfelnder Rinnsal.


Wasserfälle aller Facetten im Aurlandsfjord

Vielleicht denkt der ein oder andere jetzt: „Wie oft will er mir noch von Wasserfällen erzählen? Irgendwann muss doch mal gut sein.“ Mag sein. Ich hörte unterwegs auch Menschen sagen: „Ein Fjord ist wie der andere, die Berge gleichen einander und auch die Täler unterscheiden sich nur wenig voneinander.“ Wer die Landschaft so sieht, der hat sie nicht gesehen. An anderer Stelle erwähnte ich bereits, dass jeder Fjord sein eigenes Gesicht hat und so trägt auch jeder Wasserfall ein anderes Gewand. Dieser Reiz verleitet mich auch immer wieder dazu, zur Kamera zu greifen um die Vielfältigkeit zu dokumentieren.

Ständige Begleiter

Am Ende der zweieinhalbstündigen Tour brennen meine Lippen, die Haut auf der Nase spannt sich und die Arme sind gerötet. Die Berge sind wieder ein Stück zurück gewichen und geben ein kleines grünes Tal preis. Hier hat das Meer seine Grenzen und wir Touristen unser Ziel erreicht.
Bevor wir anlegten bot uns der Tourist mit Hang zur Tierdressur noch ein besonderes Finale und zeigte uns gleichzeitig wie klug auch diese Möwen sein mögen.


Ein letzter Blick in den Nærøyfjord

Kurz lockte er wieder ein paar Möwen in dem er einige Nusskerne warf. Schnell fanden sich die gefiederten Begleiter wieder ein. Nun gab sich der Mensch nicht mehr damit zufrieden die Nusskerne zu werfen. Nein, er legte sie auf der ausgestreckten Hand. Und was machen die Möwen? – Nach kurzem Zögern und abtasten kamen sie auf die Hand und holten sich die Nuss. Nach der ersten folgten auch die anderen, nicht einmal, gleich zehn oder zwanzig Mal wiederholte sich das wahrhaft schöne Schauspiel. Am Ende der Tour war auch dieser Film gefüllt, wie hätte es auch anders sein sollen.


Endstation Gudwangen









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