Samstag, 28. Februar 2009

Norwegen 2002 - Mein Norwegen Tagebuch - 9. Der Abisko-Nationalpark (Schweden)

Der Abisko-Nationalpark (Schweden)

Am Abend hatte ich in meiner Nähe einen Essener ausgemacht. Sein Wagen stand vor einer der Hütten. Ich hatte kurz überlegt ob ich ihn ansprechen sollte, habe es dann aber sein lassen. Was hätte ich auch sagen sollen: „Hallo, ich bin gebürtiger Essener“, kam mir ein wenig albern vor.
Dem älteren Herrn kam es nicht albern vor zu sagen: „Hallo, ich sehe sie kommen aus Neuss, mein Sohn wohnt in Neuss.“ So kamen wir heute Morgen ins Gespräch, wechselten noch einige Worte und ich konnte ihm doch noch sagen, dass ich in Essen geboren wurde. Manchmal gibt es schon merkwürdige Begebenheiten. Auch die Freiburger verabschiedeten mich mit einem Winken und guten Wünschen.

Wanderweg im Abisko- Nationalpark
Den ersten Lapsus leistete ich mir in Narvik. Vor dieser Industriestadt liegt der Ort Ankenes. Auf der Karte lagen die Orte einige Kilometer auseinander, tatsächlich gehen sie ineinander über. Jedenfalls war ich im Glauben noch immer durch Ankenes zu fahren und wartete auf Narvik. Stattdessen kam der Abzweig zur E 10 Richtung Schweden. Einen Blick auf meine Tankuhr, gewendet und auf diese Weise mal eben 36 Kilometer umsonst. Mit dem Tankstopp, der auch nicht fehlerfrei verlief weil ich den Tank überlaufen ließ, hatte ich eine Stunde verloren. Immerhin war der Tankwart so freundlich und kümmerte sich um meinen Schandfleck.



Immer wieder kreuzt der Abiskojøkko den Wanderweg

Wenn ein Tag so anfängt bedeutet das oft nichts Gutes bei mir. Die Straße nach Schweden führte durchs Bjørnfjellet einer sehr interessanten Gebirgsstrecke. Die E 10 hat im Übrigen noch einen eigenen Namen. Der „Kongsveien“, also der Königsweg. Diese Straße führt von der Ostküste Schwedens, genauer von Töre am Bottnischen Meerbusen bis nach Å auf den Lofoten. Der damalige norwegische König hatte sich für den Ausbau eingesetzt und deshalb bekam die Straße diesen Beinamen.
Die Aussicht, sie war schon sehr reizvoll aber ich war heute ziemlich geizig mit dem Fotografieren. Zudem lief mir die Zeit davon und ich wollte doch noch wandern.


Dann geht es über schwankende Hängebrücken

Abisko. Am frühen Mittag war das Ziel erreicht. Ich dachte es ist sinnvoll gleich auf dem Campingplatz einzuchecken, was sich dann aber als weiter Fehler des Tages herausstellte. Da ich nicht irgendein Mitglied war, worauf die Betreiber wert legten, durfte ich erst einmal Papierkram erledigen.
Und dann der Platz selber! Bis ich den sogenannten Zeltplatz gefunden hatte, war eine halbe Stunde vergangen. Den Wagen durfte ich auch nicht mit auf dem Platz nehmen, was auch gar nicht gegangen wäre. Ich glaube das einzig Richtige, was ich machte war, ein langärmliges Hemd anzuziehen, trotz der Wärme.

die einem so einiges abverlangen

Nachdem also so ziemlich alles schiefgegangen war, was schief gehen konnte verwunderte es mich auch nicht mehr, dass ich des wohlriechenden Speisesaals verwiesen wurde. Das Essen war nur für die Vollpensionäre oder Mitglieder, aber ich könnte gerne später noch mal wiederkommen. – Aha, dann werden also die Reste teuer verkauft. Nein danke! Meine Kühlbox war gut gefüllt. Kurzerhand packte ich mir etwas Proviant ein und dann los. Mit vollem Magen wandert es sich eh nicht besonders gut und wegen des Wanderns bin ich schließlich hierher gefahren.

Wirklich wild ist der Abiskojøkko nicht

Meine spezielle Wanderkarte hätte ich im Auto lassen können, selten findet man so gut ausgeschilderte Wanderwege. Ziel meiner Wanderung sollte der Beginn des Canyons sein. Gut zehn Kilometer von der Touristenstation entfernt. Die Wege, meist Trampelpfade oder Holzstege, wenn es durch Sumpfgebiet ging. Der Weg führte mal direkt am „Abiskojøkka“, also dem Fluss entlang, dann wieder durch zierliche Birkenwälder deren Bodengewächse ziemlich interessant sind. So gab es hier unter anderem die Polarblume zu bestaunen. Für uns Unwissende ein wohl eher unscheinbares Pflänzchen. Kaum zehn Zentimeter hoch, zwei oder drei grüne Blättchen an einem zierlichen Stängelchen, und dass was sich dann Blume oder Blüte nannte waren vier kleine weiße Blütenblätter. Die gesamte Blüte hatte vielleicht einen Durchmesser von zwei Zentimetern. Völlig unscheinbar und dennoch machte ich Bilder davon, so wie von einigen anderen Blumen, die mir auf meiner Wanderung begegneten. Wohl sind mir all diese Blumen weitgehend unbekannt, ich bin nun mal kein Botaniker, auch ist mein Interesse nicht so riesig groß an Pflanzen und trotzdem hatten sie mich neugierig gemacht. Wer sich näher mit den Pflanzen befassen möchte, dem steht entsprechende Literatur, meist viersprachig, in den Andenkenshops zur Verfügung. Allerdings nicht ganz billig, wie ich anmerken möchte. Besonders interessant wurden die Wege wenn es galt kleine Bachläufe zu überqueren. Stege, kaum breiter als zwei Schwebebalken sorgten an solchen Stellen dafür, dass man keine nassen Füße bekam. Das Gleichgewichtsorgan sollte also intakt sein, wenn man hier wandern wollte. Das galt auch, wenn ein Seitenarm des Flusses oder eine kleine Schlucht überquert werden musste. An diesen Stellen hat man dann solche Gebilde wie Hängebrücken errichtet. Die erste auf meinem Weg war wohl gut dreißig, vielleicht vierzig Meter lang und schwankte wie ein Weidenzweig im Wind.

aber er bahnt sich seinen Weg durchs Felsgestein

Mir fiel dazu spontan der Wackeldackel ein. Jenes Untier welches sich auf vielerlei Hutablagen breit macht und dem nachfolgenden Fahrer unentwegt zunickt. So in etwa kann man sich diese Hängebrücken vorstellen sobald man sie betrat. Deren zwei davon galt es zu überqueren und ich, eigentlich gar nicht schwindelfrei und solcherlei Akrobatik eher skeptisch gegenüberstehend, fand auch noch Gefallen daran, zumal ich diesen Weg auch wieder zurückgehen musste.

In den Birkenhainen lauert eine Gefahr, fliegende Vampire

Der Weg als solcher war mäßig anstrengend, die Sonne setzte sich hier doch ganz anders durch als noch hundert Kilometer weiter westlich. Und was mir noch mehr zusetzte waren diese blutsaugenden Biester, die irgendwie immer einen Weg fanden um ihren Rüssel in meine Haut zu bohren.
Nach etwa neun Kilometer, etwas früher als mein selbst gesetztes Ziel brach ich die Wanderung ab. Von Osten schickten sich schwere Gewitterwolken an, die 1200 Meter hohe Bergkette in Richtung Abisko zu überqueren. Ich war zwar gut ausgerüstet aber Gewitter im Wald ist nicht unbedingt das was ich brauchte. Überhaupt war ich wohl ziemlich alleine so weit draußen. Am Ende waren es dann etwa achtzehn Kilometer. Mit Pausen war ich gut sechs Stunden unterwegs, bei etwa fünfundzwanzig Grad mehr als genug.


Blick auf Lapporten (Das Tor Lapplands)

Natürlich habe ich während meiner Wanderung auch den Canyon mit seinen Stromschnellen und Fällen gesehen und im Bild festgehalten. Ich muss jedoch sagen, dafür dass es sich um den größten Canyon in Europa handelt, war ich etwas enttäuscht. Irgendwie hatte ich ihn mir imposanter und wilder vorgestellt. Aber letztendlich war der Canyon doch eher Nebensache, ich wollte hier wandern, etwas für mich tun.

Unscheinbar und doch allgegenwärtig, zierliche Pflänzchen

Während ich diesen Bericht schrieb, fuhr hier ein Güterzug vorbei. Mitten in dieser Hochebene gibt es eine Eisenbahnverbindung. Eine sehr wichtige Strecke sogar. Auf ihr wird das Eisenerz, welches in Kiruna, mein morgiges Ziel, gewonnen wird nach Narvik gebracht wo es schließlich verschifft wird.
Im zweiten Weltkrieg war diese Verbindung von größter Bedeutung, die Deutschen wollten sie sich zunutze machen und besetzten Narvik. Wir wissen das es nichts geholfen hat, Gott sei Dank!
Heute ist diese Strecke so wichtig weil der Hafen in Narvik, dank des Golfstromes, das ganze Jahr über eisfrei bleibt.
Und wenn ich noch ein Stück weiter hinter die Eisenbahnstrecke schaue gibt es dort noch eine ganz besondere landschaftliche Sehenswürdigkeit. Das sogenannte „Lapporten“. Zwei Berge, deren Namen ich hier nun nicht zum Besten gebe weil sie der samíschen Sprache entnommen und für uns beinahe unaussprechlich sind, bilden dieses Lapporten. Im Übrigen heißt das in etwa: Das Tor Lapplands.








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