Sonntag, 8. Februar 2009

Norwegen 2002 - Mein Norwegen Tagebuch - 4. Zwischen Drammen und Gjøvik

Zwischen Drammen und Gjøvik

Später am Abend gesellten sich noch zwei Familien aus Leipzig mit Wohnmobilen zu mir. Wobei sich das Gesellen eher auf die räumliche Nähe bezog. Ein kurzer Gruß war alles an Konservation. Typisch deutsch möchte ich dazu sagen und das galt auch für den nachfolgenden Ablauf: Wohnmobile aufgestellt, Tisch, Stühle und Grill ausgepackt, dazu Bier und Schnaps getrunken und zwischendrin Strafen und Stubenarreste an die Kinder verteilt nur weil sie etwas zu laut Ball gespielten. Ich hatte das Gefühl, die Kinder waren nicht auf Urlaub sondern auf einer Strafexpedition. Denn heute Morgen ging es im gleichen Stil weiter. Diesmal musste ein Junge der anderen Familie dran glauben. Während des Frühstücks im Freien durfte er sich ins Wohnmobil zurückziehen. „Und komm bloß nicht wieder raus!“ lautete der Kommentar und ich kann nicht einmal sagen warum der Junge bestraft wurde obgleich ich nur sechs, vielleicht sieben Meter von ihnen entfernt war.
Echt fantastisch! Irgendwie wollte mir der Appetit aufs Frühstück vergehen und in meinem Inneren drängte sich etwas hervor, dass mich dazu bewegen wollte mich einzumischen. Ich tat es nicht, zwang mich dazu mich nicht aufzuregen, mein Frühstück so schnell wie möglich zu beenden und dann weg von hier!

Blick auf den Tyrifjord (E 16)
Erstes Ziel war Drammen. Vergeblich suchte ich den Weg nach Bragernessäsen, einem Aussichtspunkt den man durch einen Spiraltunnel im Berg erreichen sollte. Anscheinend war ich noch nicht in Form und so verzichtete ich auf diesen einzigen Punkt in dieser Stadt und steuerte mein nächstes Ziel Hønefoss an.
In unmittelbarer Nähe von Drammen liegt der kleine Ort Arker. In dem Roman „In kalter Absicht“, spielt dieser Ort eine Rolle. Ich spielte kurz mit dem Gedanken diesen kleinen Umweg in Kauf zu nehmen, um zu sehen in wie weit die Beschreibungen mit der Wirklichkeit übereinstimmten. Ich verwarf diese absurde Idee wieder, schließlich war ich nicht hierher gekommen um zu sehen wie gut die Autorin recherchiert hatte. Sie wird ihre Arbeit ordentlich gemacht haben, sie ist gebürtige Norwegerin und wohnt in Oslo. Reizvoll wäre es dennoch gewesen, denn auch die Jahreszeit stimmte in etwa überein.


Wasserfall und Kraftwerk in Hønefoss
Ein Großteil des Weges zum nächsten Ziel verlief entlang des Holsfjordes. Manchmal ging die Fahrt direkt am Ufer entlang, überwiegend jedoch über ordentliche Anhöhen, die entsprechend gute Aussichten bescherten und mich auch mal anhalten ließen, um dies bildlich zu dokumentieren.
In Hønefoss selbst herrschte ein Verkehr wie man ihn im Land der Mitternachtssonne eigentlich gar nicht kennt und auch gleich wieder Unmut in mir erweckte. Doch ehe sich der Unmut richtig ausbreiten konnte erblickte ich den Wasserfall. So wurde der Gedanke, „Nichts wie raus aus der Stadt und weiter“, abgeändert Der neue Befehl hieß, „einen Parkplatz finden“, was mir, trotz des dichten Verkehrs, sehr schnell gelang.
Etwa zwei Stunden verbrachte ich in diesem Ort, machte einige Bilder vom recht imposanten Wasserfall, der letztendlich jedoch von dem Wasserkraftwerk kastriert worden zu sein scheint. Oberhalb wird der Fluss zu einem See aufgestaut und nur das überschüssige Wasser darf seinem natürlichen Weg folgen.
Zeit für einen Kaffee nahm ich mir auch noch, ehe ich den nächsten Teil in Angriff nahm.


Hønefoss - hinter diesen Gebäuden versteckt sich ein Einkaufszentrum
Ab Jevnaker RV 240 begleitete mich zur Linken der Randsfjord. In diesem Abschnitt des Landes dringen diese Fjorde noch sehr weit von Süden in den Norden des Landes vor, während die Fjorde an der Westküste oft weit nach Osten vordringen. So erklärt sich die sehr zerklüftete Küstenlandschaft. Auch hier boten sich wieder wunderschöne Aussichten mit grünen Wiesen und gelben Rapsfeldern an seinen Ufern. Der Raps steht gerade in voller Blüte und verbreitet seinen kräftigen leicht öligen Geruch, der den Atem des Sommers wiedergab. Dazu schimmerte das Wasser des Fjords blaugrün. Zu beiden Seiten des Ufers ragen dunkelgrüne Bergen auf, von denen hier und da das Weiß der Birken hindurch leuchtete. Kiefern, Fichten und Birken sind hier der Hauptbestandteil an Bäumen und nicht selten stehen sie friedlich vereint nebeneinander.
Ab Brandbu wollte ich der RV 34 folgen und landete stattdessen in Jaren an der RV 4. Ich hatte mich schlicht in der Richtung geirrt. Doch dieser kleine Fehler zeigte sich dann als sehr vorteilhaft, fand ich doch auf diese Weise ein ganz vorzügliches „Vertshus“ (Gaststätte, Wirtshaus), in dem ich dann auch gleich gut und günstig zu Mittag aß.



Idylle und Wikingerschiff am Randsfjord
Wenig später war ich wieder auf den richtigen Weg. Ein kleines Stück hinter Brandbu befindet sich ein kleines Wikingermuseum, sowie das Angebot mit einem Wikingerschiff, einem Nachbau, über den Fjord zu rudern. Das Museum, in eine Art Lagerhalle untergebracht, schien nicht viel zu beinhalten, was man leider von vielen Museen in Norwegen sagen muss, also verzichtete ich auf einen Besuch. Und auch der reizvollen Bootstour musste ich eine Absage erteilen, weil schlicht keine zehn Personen vor Ort waren, die dazu benötigt worden wären. Wenn ich auch sehr gerne allein unterwegs bin, in manchen Situationen ist eine Gruppe doch immer besser!
Dennoch nutzte ich das kleine Wikingerschiff um den Randsfjord ins rechte Bild zu setzen.


Gjøvik - Eissporthalle im Berg (Winterspiele 1994)
Bei Hov verließ ich schließ die Straße am Fjord und der Weg führte weiter durch die Bergwelt mit mittleren Höhen um etwa achthundert Meter (RV 247 und dann RV 33). Sogleich tauchten überall Warnschilder auf, „Vorsicht Elche, Vorsicht Schafe“, ja selbst für diese Tiere hat man eigene Schilder. Es ist unschwer zu erraten welches Tier mir begegnet ist. - Richtig, nicht der König der Wälder, nur Schafe, nichts als Schafe. So verlangte die knapp dreißig Kilometer lange Strecke doch einiges an Konzentration, auch weil die Straße selbst sehr schlecht war. Überall hatte der Winter seine Spuren hinterlassen. Tiefe Risse und Löcher zeugten von der unbarmherzigen Kälte und Kraft des Frostes.
Dieser Zustand änderte sich schlagartig einige Kilometer vor Gjøvik. Diese kleine Stadt spielte 1994, während der olympischen Winterspiele in Lillehammer, eine Rolle und diese Auswirkungen waren noch heute zu sehen. Die Straßen sind breiter und besser ausgebaut als üblich und eine frische Teerdecke sorgte für angenehmen Fahrkomfort.


Die riesigen Marmorplatten im Eispalast zeigen Motive aus 6000 Jahren Geschichte
Anschließend bin ich zur Eissporthalle gefahren. Diese Arena wurde extra für die besagten Winterspiele gebaut und zwar direkt in einen Berg hinein. Dabei soll es sich um die größte Berghalle Europas handeln. Sie besitzt die 29.000 Sitzplätze und neben Eissportarten werden hier auch musikalische Events veranstaltet. Leider sieht man im Inneren nicht allzu viel davon. Anhand von Modellen ist jedoch zu sehen, dass über dem Stadion, auf dem Berg eine ganze Wohnsiedlung beherbergt ist. Auf dem Gang im Außenkorridor stehen 68 Marmortafeln (vielleicht waren es auch einige mehr) auf denen man Bildszenen zu sehen waren, die alle etwas mit den Winterspielen zu tun hatten. Das besondere an den Darstellungen, die Machart ist den dort bekannten Felszeichnungen nachempfunden worden.


und Darstellungen zur Winterolympiade 1994

So neigte sich auch dieser Tag dem Ende entgegen obwohl das vielleicht nicht ganz richtig ist, denn bekanntlich sind auch die Nächte hier taghell. Mein Weg führte mich noch ein kleines Stück Richtung Lillehammer (E 6). Auf dem ersten Campingplatz wollte man mich gar nicht haben. Der Platz sei ausgebucht wegen der anstehenden Mittsommernachtswende. Ein Fest, dass alle Skandinavier mehr als ausgelassen feiern. Nun, ganz nachvollziehen konnte ich die Aussage nicht, der Platz war so gut wie leer und das Fest begann erst in den morgigen Abendstunden. Immerhin wurde mir ein anderer Platz nicht weit entfernt empfohlen. Und so campiere ich nun direkt am Mjøsa, dem größten See in Norwegen.
Die Sonne schien angenehm bei etwa achtzehn Grad aber von Westen zogen bereits graue Regenwolken auf. Genau wie am Abend zuvor, erst wurde es windig, graue Wolken türmten sich auf und in der Nacht begann es zu regnen. Ein stiller zurückhaltender Regen, der nur ganz leise auf die Außenhaut tropfte. Wenn es nicht schlimmer wurde, sollte es mir recht sein. Solange der Tag darauf wieder lächelte, dürfte es von mir aus jede Nacht regnen.




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