Samstag, 14. Februar 2009

Norwegen 2002 - Mein Norwegen Tagebuch - 8. Vom Polarkreis nach Ballangen

Vom Polarkreis nach Ballangen

Trotz der vergangenen Anstrengungen begann mein Tag recht früh. Der vor mir liegende Abschnitt war lang und wenn man trotzdem etwas von unterwegs mitnehmen möchte, brauchte man die entsprechende Zeit.
Erstes Ziel war der Polarkreis. Auf den Weg dorthin sollte ich noch einen Eindruck davon bekommen, wie die Hauptverkehrsachse Nord – Süd vor etwa vierzig Jahren ausgesehen haben mochte. Auf etliche Kilometer war der Asphalt abgetragen worden um ihn zu erneuern. Bis dahin aber musste man sich auf nackten Schotter bewegen. Schnell fahren war nicht mehr möglich. Überhaupt unterlag diese Verkehrsader ständigen Veränderungen. Ein Stück hinter dieser Schotterpiste, etwa bei Dunderland entstand ein neuer Tunnel. Bisher führte die Straße um den Berg herum, weil dieser sich besonders nach den Wintern immer wieder, durch starken Steinschlag, in Erinnerung brachte, hatte man sich nun für diesen Weg entschieden.
So glich die Fahrbahndecke eher einer Kraterlandschaft, denn einer Straße. Eindrücke waren das, was mich heute den ganzen Tag über begleiten sollte.

Die E 6, eine Schotterpiste zwischen Mo I Rana und Polarkreis
I
ch hatte einen neuen Film in die Kamera gelegt, war am Morgen aber noch der Ansicht, diese wenig gebrauchen zu müssen. Eine irrige Annahme wie sich zeigen sollte.
An der Polarkreisstation gönnte ich mir erst einmal einen Kaffee und nutzte die Zeit ein paar Postkarten an die Lieben daheim zu verschicken.
Die Polarkreisstation ist so gesehen eine Touristenstation und natürlich der Hinweis darauf, bei 66,33 Grad nördlicher Breite angelangt zu sein. Eben dem Beginn des Polarkreises. An diesem Punkt gibt es die Mittsommernacht genau einen Tag lang am 22.Juni. Je weiter nördlich man kommt umso länger währt die Zeit in der die Sonne nicht untergeht. Das Ganze hängt mit der Polachse unseres Planeten zusammen, die selbst noch mal geneigt ist. Soviel zu den astronomischen Besonderheiten.


Ausblick auf Polarkreisstation und das schneebedeckte Saltfjellet
In der Station gibt es ein kleines Museum, es zeigt etwas über das Leben am Polarkreis und der Tierwelt.


Landschaft am Saltfjord, südlich von Fauske
Bei meiner weiteren Fahrt, ich befand mich noch immer auf der E 6, wechselte die Aussicht, links und rechts in rascher Folge. Manchmal bekam man den Eindruck ein Amateurfilmer habe hier einen Film recht ungeschickt zusammen geschnitten. Es ging durch Hochebenen, sechs- bis siebenhundert Meter aber der Schnee reichte links und rechts teilweise noch bis an die Straßenränder. Die samíschen Souvenirläden hatten noch gar nicht geöffnet. Eine eingleisige Eisenbahnlinie und ein Fluss schlängelten sich abwechselnd links oder rechts neben der Fahrbahn durch die grotesk wirkende Landschaft. Außer den Felsen und Bergen, die häufig mit verschiedenen Arten von Moosflechten bewachsen, nein, besser überzogen waren, stellte oft die Vegetation. Hier und da gab es einzelne, sich tief duckende Birken oder Fichten. Selten bildeten sie einen ganzen Wald. Spontan war mir beim Anblick eines solchen Wäldchens der Begriff „Zwergenwald“ in den Sinn gekommen. Diese Bäumchen waren oft nicht größer als drei oder vier Meter, dabei aber nicht selten dreißig, vierzig, fünfzig Jahre alt und älter.


Nördlich von Fauske zwischen den vielen Tunneln der Leirfjord
Die Winter beherrschen das Land nördlich des Polarkreises, die Vegetation spricht da eine deutliche Sprache. Bis zu zweihundert Tage schneebedeckte Flächen sind keine Seltenheit in der langen kalten Jahreszeit.
Ein kleiner Wasserfall ist oft schon eine richtige Abwechslung in dieser sonst eher eintönig wirkenden Landschaft. Auch dauert es scheinbar Ewigkeiten von einer Ortschaft oder Ansiedlung bis zur nächsten.
Erst die kleine Stadt Fauske bildet so etwas wie eine Ausnahme und doch ist sie in wenigen Minuten durchfahren.

und noch ein Stück weiter bei Vesterbotn
Gleich hinter der kleinen Stadt begann die, von mir, so genannte Höllenstrecke. Auf den folgenden sechzig Kilometern öffneten sich immer wieder große schwarze Löcher, die einen verschlangen um irgendwann wieder ausspeien. Die Rede ist hier von Tunneln, die man nicht mit den unsrigen vergleichen kann. Es sind Röhren die durch die Berge, welche der E 6 im Wege standen, getrieben wurden. Oft, oder besser meist in keiner Weise ausgekleidet. Das fade, meist rötlich schimmernde Licht warf bizarre Schatten in dieser eh schon dunklen gezackten Welt. Ich hatte das Gefühl einen Weg vor mir zu haben, der direkt in die Hölle führte. Erst recht wenn sich diese Röhren auf sechs oder sieben Kilometer hinzogen. Nun wollte ich aber niemanden mit der Beschreibung ängstigen. Bei aller Schlichtheit dieser Tunnel, steht die Sicherheit doch im Vordergrund. Alle dreihundert Meter gibt es Nothaltebuchten mit Feuerlöschern und Notrufsäulen. Und wenn man sich an die Vorschriften hält, (Geschwindigkeit, Überholverbot, etc.), sind diese Röhren bei der geringen Verkehrsdichte auch absolut sicher! Ich hatte niemals wirklich das Gefühl, hier einer Gefahr ausgesetzt zu sein.
Am Ende des Tages hatte ich sage und schreibe 27 Tunnel durchquert und auf diese Weise etwa 50 – 60 Kilometer in den Bäuchen der verschiedenen Berge zugebracht.

Markante Berge, der Kråkmotinden
Die Finsternis war das eine, die Bilder am Ende der Röhren immer wieder andere. Mal blickte man als erstes auf bizarre Felsformationen, ein anderes Mal direkt in das tiefe blaugrün eines Fjords. Wieder ein anderes Mal empfingen mich bunte Blumenwiesen an den Straßenrändern. Aber nichts, wirklich nichts ähnelte dem zuvor gesehenen. Nach jedem Tunnel erschien eine neue Welt. Es war immer wieder anders, eigentlich viel zu abwechslungsreich, aus diesem Grund ließ ich dann öfter mal die Kamera sprechen.

Samí- Kunstmuseum und Begegnungsstätte bei Drag (RV 827)
Am Nachmittag, vielleicht sollte ich erwähnen, dass die Sonne kräftig schien und das Thermometer mal wieder auf fünfundzwanzig Grad ansteigen ließ, erreichte ich den kleinen Ort Drag an der RV 827. - Man kann auch weiter der E 6 bis Bognes folgen und dort mit der Fähre nach Skardberget übersetzen. - Von hier sollte es mit einer Autofähre über den Tysfjord weitergehen. Dummerweise war die Fähre gerade weg und mir blieben beinahe zwei Stunden Zeit.

Skulpturen vor dem Gebäude

Ein Gebäude, einer Kirche oder einem überdimensionalen Zelt ähnlich, erregte mein Interesse. Kurz vor der Zufahrt zum Fähranleger gab es ein Hinweisschild zu einer Sehenswürdigkeit mit Namen „Arran“.
Ich bewegte mich inmitten samíschen Lebensraums und so war es wenig verwunderlich hier auf Spuren dieser Kultur zu stoßen. „Arran“ ist der Name eines kleinen, gerade erst eröffneten, aber durchaus interessanten „Samíske Museum“.


und Bilder in den Ausstellungsräumen
Neben traditionellen Stücken wie Trachten, Waffen, Handwerkskunst gab es auch eine Abteilung für moderne samísche Kunst. Die Samen sind bekannt für ihre farbenfrohen Trachten, in denen ihre Nationalfarben, rot, blau, gelb und grün immer wieder vorkommen. Das Blau muss man sich als kräftiges, ja ich denke Marineblau vorstellen.
Einige Exponate hingen bereits an den Wänden und wenn diese Stücke auch Käufer finden wird dieser Teil der Ausstellung wohl auch regelmäßig wechseln. Ich hegte keine Zweifel daran weil die Bilder zum Teil sehr ansprechend waren, in Farbkombination und auch Gestaltung.
Im oberen Teil gab es zudem eine umfangreiche Bibliothek. Alle Bücher sind in der samíschen Sprache abgefasst. Am Infoschalter konnte man auch einige Bücher, auch Kinderbücher, käuflich erwerben.
Neben dem Museum stellt dieses Gebäude zugleich eine Begegnungsstätte und einen Kindergarten bereit.


In vielen Bildern spiegelt sich die Farbenpracht der traditionellen Trachten wider

Der Empfang war sehr freundlich wenn die junge Frau auch ein wenig überrascht schien, schon Touristen empfangen zu dürfen. Wie gesagt überall wurde noch geschraubt und gehämmert, dekoriert, aufgehangen und eingerichtet was einer Besichtigung keinen Abbruch tat. Dass auch ein Café vorhanden war bedarf kaum noch der Erwähnung.
Wer sich für samísche Tradition und deren Kunst interessiert sollte hier einmal reinschauen. Und nicht nur dann wenn er gerade die Fähre verpasst hat. Ich musste mich letztendlich noch sputen um die Fähre nicht auch noch zu verpassen, so kurzweilig war die Wartezeit durch den Museumsbesuch.


oder erzählen die lange Geschichte des Volkes
Die Fahrt über dem Tysfjord forderte wieder einige Bilder und ich wünschte mir insgeheim, es möge nun Oktober oder November sein, denn dann tummeln sich hier im Fjord jede Menge Orcas. Jene Walart, die man fälschlicherweise als Killerwale bezeichnet und obendrein zur Familie der Delfine gehören. Wir hatten aber nun mal Juni, die Sonne brannte aber der Wind hielt erbarmungslos dagegen. Irgendwie hatte es was von einem Saunagang. Die Sonne heizte den Körper auf, ließ Schweißperlen auf der Haut entstehen und dann kam der eisige Wind und man glaubte Eiskristalle bohrten sich in die Haut.

Der Tysfjord
Wenig später war auch dieser Tag, dieser Tourabschnitt beendet. Der Campingplatz in Ballangen, gleich am Ofotfjord, hinterließ einen guten Eindruck. Im Hintergrund rauschte unablässig ein kleiner Wasserfall, die Sonne schaute direkt zwischen zwei Birken von den Bergen herab, der Wind hatte sich beruhigt und trotzdem war es im Schatten der Bäume sehr kühl. Ich genoss diese Mittsommernacht, in der um zweiundzwanzig Uhr die Sonne noch immer eine gute Handbreit über den Horizont stand.

und ein weiterer markanter Berg, der Kobbenestinden an der RV 827

Morgen sollten dann zwei Tage in Schweden folgen.













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