Samstag, 28. Februar 2009

Norwegen 2002 - Mein Norwegen Tagebuch - 10. Bis Kautokeino Teil 1 - Kiruna Festival

Teil 1 - Kiruna Festival

Kiruna E 10 (Schweden) ist eine Industriestadt und kann dies auch nicht leugnen. Besonders dann nicht wenn man aus Richtung Narvik kommt, dann trifft man als erstes auf dieses gigantische Erzbergwerk. Groß und schwarz stehen die mächtigen stufenförmigen Berge in südwestlicher Richtung und dominieren mit ihrer Erscheinung das Stadtbild. Die Erzvorkommen sind bereits seit 1730 bekannt und Untertage gibt es kilometerlange Straßen.


Schon aus der Ferne dominieren die Berge des Erzbergwerks

Trotz dieser bedrohlichen Dominanz, die von dieser Erscheinung ausging, zeigte sie auch eine positive Wirkung. Diese Stadt lebte, lebte durch das Bergwerk. Überall sah man neu entstandene Wohnhäuser im Siedlungsstil. Alle gleich aber durchaus nicht langweilig und vor allem nicht aus Holz sondern massiv aus Stein. Wohl eine Notwendigkeit aufgrund der langen kalten Winter.
Die Stadt lebt mit dem Bergwerg. Beinahe von jedem Ort oder Platz in der Stadt sah man etwas davon. Es überragt die Stadt, obwohl sie selbst teilweise an einem Berghang entstanden war.



Ebenso die Gleisanlagen und Erzverladestellen

Aber die Stadt lebte noch aus einem anderen Grund. Das Kiruna Festival stand kurz bevor und so war bereits am frühen Morgen ein reges Treiben im Stadtzentrum. Ein Rummelplatz wurde aufgebaut, das heißt die letzten Vorbereitungen wurden getroffen. Ein Jahrmarkt etwas weiter und zwischendrin Zelte und Bühnen mit Livemusik. Die Arbeiten am Kongresszentrum waren noch im vollen Gange.
Nun wurde mir auch klar warum bereits weit vor der Stadt so viele gelbe Mäuschen damit beschäftigt waren die Straßenränder zu reinigen. Gelbe Mäuschen deshalb weil sie gelb gekleidet waren, etwa wie bei uns die Müllabfuhr und weil sehr viele junge Mädchen zwischen fünfzehn und zwanzig dabei waren, die auch schon mal freundlich winkten wenn man vorüberfuhr.


Die Stadtverwaltung

Hier wollte nicht nur die Stadt glänzen, auch die Wege die zu ihr führten sollten im hellen Licht erstrahlen. Irgendwie gefiel mir dieser Elan, der auf mich übergriff. Überall regte es sich und trotzdem spürte man keine Hektik. Die Menschen waren freundlich, freuten sich auf das bevorstehende Fest, es war eine gelassene Regsamkeit, die mich in Empfang genommen hatte und länger als beabsichtigt festhielt.
Hier noch einen Kaffee trinken, dort einer Band beim Stimmen ihrer Instrumente lauschen, die für die wenigen Interessierten auch schon mal ein ganz Stück spielten. Nur schwer konnte ich mich von diesem pulsierenden Ort lösen, aber ich wollte noch etwas mehr von der Stadt sehen. Auf dem Weg hinaus aus der strebsamen Masse sorgte ich dafür, dass eine junge Frau, beinahe noch Mädchen, diese Tage auch wirklich genießen konnte.

und das Industriedenkmal

Sie hatte Geld am Bankautomaten abgehoben und schlenderte plaudernd mit ihren Freundinnen weiter. Ohne hinzusehen steckte sie alles, wie sie glaubte in ihre Handtasche. Ihre Bank- oder Kreditkarte jedoch fiel daneben.
„Hello Miss, your Creditcard!“ rief ich, nachdem ich sie aufgehoben hatte. Sie drehte sich nicht einmal um, dachte wohl an eine plumpe Anmache. Ich versuchte es ein zweites Mal: „Miss, is this your Creditcard?“ fragte ich laut und wedelte mit der Karte.
Nun blieb sie doch stehen, schaute mich an und wollte wohl etwas Deftiges erwidern, doch dann erblickte sie die Karte in meiner Hand. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich, sie wurde leicht rot und sie stotterte beinahe als sie sagte: „O takk, tusen takk! Thank you!
Ich lächelte sie an und erwiderte: „No problem, your welcome!“ Sie schenkte mir ein zaghaftes aber ehrliches Lächeln, ihre Freundinnen kicherten leise und wir gingen unserer Wege. Es kann so einfach sein, dem anderen freundlich zu begegnen.

Bühnenbau am Kongresszentrum

Wer die moderne und schlichte Bauweise im Stadtzentrum kennen gelernt hat erwartet hier eigentlich keine Besonderheiten mehr. Doch auch in diesem Fall wird man hier schnell eines anderen belehrt. In der Ferne hatte ich einen Kirchturm ausgemacht und folgte der vorgegebenen Richtung. Ich hatte mir schon viele Kirchen, besonders in Norwegen, angesehen. Was ich hier vorfand erwartete man vielleicht in der Hedmark, einem Landstrich Norwegens, nicht aber in einer Industriestadt wie Kiruna.

Kiruna ist Industriestadt, das signalisieren auch die vielen Betonbauten

Das ganze Gebäude nebst Turm, der in Schweden immer, oder fast immer getrennt vom Kirchenschiff steht, war dunkelrot gestrichen. Links und rechts, entlang des Daches waren jeweils sechs goldene Figuren angebracht (die 12 Apostel?). Jedenfalls bildeten diese goldenen Figuren einen wunderschönen Kontrast zu der dunkelroten Farbe.


Kirunakirche mit Blick auf die imposante Orgel über dem Eingang

Was diese Kirche, sie stammt von 1912, von außen versprach gab sie auch im Inneren wieder. Aufwändige Balkenkonstruktionen unterteilen das eigentliche Kirchenschiff und bilden gleichzeitig die Grundlage für erhöhte Balkone. Gleich über dem Eingang ist eine riesige Orgel angebracht deren Pfeifen selbst im Dämmerlicht vornehm silbern glänzen. Diese ruhige und stille Atmosphäre bildete einen wahren Kontrast zum Treiben in der Stadt.


Der Glockenturm

Einfach faszinierend und beeindruckend. Als ich mich endlich von dieser Stadt losgerissen hatte, war es bereits Mittag und mein Fahrplan drohte einmal mehr ins Wanken zu geraten. Ich überlegte kurz mein nächstes Ziel ausfallen zu lassen, was ich aber schnell wieder verwarf.


und das Kirchengebäude, das auf dem ersten Blick gar nicht wie eine Kirche wirkt








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