Sonntag, 26. April 2009

Norwegen 2002 - Mein Norwegen Tagebuch - 25. Bei den Wikingern in Borge

Bei den Wikingern in Borge (Lofoten)

Inzwischen war ich auf Vestvågøya, der zweiten der vier Lofoteninseln. Erstes Ziel sollte Eggum am nordwestlichen Ende der Insel sein. Dort steht die Nordlandskulptur „Der Kopf“. Über das gesamte Nordland sind von 15 verschiedenen Künstlern 33 Plastiken aufgestellt worden.
Hier hatte ich dann gleich die erste Gelegenheit für einen Spaziergang, denn die Skulptur steht mitten auf einer Schafsweide und ist nur zu Fuß zu erreichen.

Nordlandskulptur "Der Kopf" bei Eggum (Lofoten)

Eine interessante Skulptur, die je nach Betrachtungswinkel den Kopf auch schon mal auf den Kopf stellt. Fraglich nur, ob die Skulptur auch in hundert Jahren noch vorhanden ist. Wind, Wetter und der Salzgehalt wird für einen raschen Verfall der Eisenskulptur sorgen.


Mal oben, mal unten. Es kommt auf den Betrachtungswinkel an

Am späten Morgen hatte ich mein zweites Ziel für diesen Tag erreicht, Borge. Sehenswert dort auf jeden Fall die neue Kirche von 1987. Sie thront auf dem traditionellen Kirchenhügel, wo die letzte 1983 nieder brannte. Besondere Aufmerksamkeit sollte man der, aus Holz gefertigten Orgel schenken.

Vor der Kirche in Borge ist der beste Ausblick auf die Umgebung

Die zweite Sehenswürdigkeit in den 800 Seelen Ort ist das Lofotr Museum. 1981 wurden durch Zufall Funde aus der Wikingerzeit gemacht. Zwei Jahre später begannen die offiziellen Ausgrabungen. Dabei stieß man auf das über achtzig Meter lange Königshaus. Später folgten weitere nennenswerte Funde, wie die Überreste eines Wikingerschiffes am Ufer des Indrepollen. 1992 entstanden ein Nachbau des Schiffes und 1995 schließlich das Museumsgebäude, welches die gleichen Abmessungen wie das Königshaus aufweist.
Mit den Museen hatte ich in Norwegen schon so meine Erfahrungen gesammelt. Hier waren die Zweifel nicht angebracht und ich wurde mal wieder angenehm überrascht.

Hoch über dem Ort thront die neue Kirche

Museum heißt eben nicht nur Glasvitrinen in denen irgendwelche Überreste aus grauer Vorzeit akribisch hinterlegt werden. Das Ganze dann noch mit einem ellenlangen Text versehen. Die Vitrinen gab es hier zwar auch, mit Stofffetzen und Überresten eines Schwertes und sonstigen Relikten. Dieses Museum musste man sich aber auch erlaufen, in den Außenanlagen.


Im Freilichtmuseum "Lofotr" Der Thron des Wikingeroberhauptes

Genau gegenüber dem heutigen Gebäude, in dem auch Vorführungen in alter Handwerkskunst gegeben wurden, befinden sich Überreste von Torfwänden, Löcher in denen die Stützpfeiler gestanden haben usw. Die Rekonstruktion des heutigen Museums bezieht sich aber nur auf die Größe. Wie der Bau wirklich einmal ausgesehen hatte weiß niemand. Trotzdem war ein imposantes und eindrucksvolles Gebäude entstanden, das man sich durchaus als Königshaus von vor über tausend Jahren vorstellen konnte. Die Materialien der Wände bestehen auch heute wieder aus Torf, an den Dachfirsten und über dem Eingang sind die Drachenköpfe zu sehen und wenn man nicht ganz fantasielos war, erkannte man in der Dachform ein, auf den Kopf gestelltes Wikingerschiff. Die Architektur passte auf jeden Fall in die Landschaft. Was man von der, eingangs beschriebenen, großen Kirche nicht unbedingt sagen konnte. Sie wirkte für die Gegend einfach viel zu groß für den kleinen Ort und die moderne Architektur wie ein Fremdkörper.

Die Pfähle markieren den einstigen Königssitz

Zurück zum Museum. Neben den bereits erwähnten Vitrinen gibt es auch Nachbauten von Möbeln und Werkzeugen. Weiter gibt es Vorführungen wie mit diesen alten Werkzeugen gearbeitet wurde. So wurden Korbflechtarbeiten und die Arbeit am Webstuhl gezeigt. Es gab offene Feuerstellen im Haus auf denen auch gekocht wurde. Überhaupt war im und um das Museum herum ein regelrechtes Hofleben. Dazu gehörten auch Schafe, Schweine, Kühe und Pferde, die überall auf dem Gelände gehalten wurden. Das alles wirkte sehr interessant und Langeweile wollte gar nicht erst aufkommen. Erst recht nicht wenn man sich in den Außenanlagen umsieht.

Ob das Königshaus wirklich so ausgesehen hat bleibt auf ewig ein Geheimnis

Ein angelegter Weg führt an eine weitere Ausgrabungsstelle vorbei und man konnte den Archäologen direkt auf die Finger sehen. Vorbei an der bereits erwähnten Kirche führt der Weg hinunter zum See „Indrepollen“. Alte Grabhügel und die Überreste einer alten Schmiede säumen diesen Weg. Am See liegt die Rekonstruktion eines Wikingerschiffes von immerhin dreiundzwanzig Meter Länge. Um das Boot im Winter zu schützen hat man ein eiszeitliches Bootshaus aus dem Rogaland (Südnorwegen) hierher geschafft.


Blick auf den Indrepollen, wie vor 800 Jahren mit Wikingerschiff

Einmal am Tag wird eine Rundfahrt mit dem Wikingerschiff veranstaltet, vorausgesetzt es finden sich genügend Freiwillige, die mit eigener Muskelkraft die Riemen ziehen.
Mein Rückweg führte am Nachbau einer alten Schmiede vorbei. Der Schmied war aber nicht gerade mit Freude bei der Arbeit. Eigentlich war er überhaupt nicht am Arbeiten, die Feuerstelle war noch kalt. Auch schien er über meinen Besuch nicht sonderlich erfreut. Als ich meinen Kopf durch die Tür steckte schaute er mich nur grimmig an.


Die Besatzung (Besucher) verweigern den Dienst

Am Ende des Weges, er endet wieder bei der Kirche, liegt noch das Gebäude eines kleinen Wirtschaftsmuseums mit Gerätschaften aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Und daneben die alten Kirchengebäude (ohne Kirche), in denen man heute die Verwaltung des Museums untergebracht hat.
Nach gut drei Stunden, bei praller Sonne, beendete ich diesen Besuch. Das Thermometer war bereits auf über siebenundzwanzig Grad angestiegen.

Das Museumsgebäude, so könnte der Königssitz ausgesehen haben

Nächste Station war Leknes. Proviant auffüllen und weiter, denn mehr bot der Ort nicht. Über dir RV 815 und 817 fuhr ich nach Stamsund, eines von vielen Fischerdörfern die noch folgen sollten. Es war reizvoll anzusehen und gut für einen Spaziergang. Besonders die roten Robuer (ehemalige Fischerhütten) hatten ihren Reiz. Und für diejenigen, die sich für Kriegsmaterial interessieren, denen sei das kleine Kriegsmuseum nahe gelegt.

Stamsund, links das Kriegsmuseum

Schon neigte sich auch dieser Tag dem Ende entgegen. Es wurde verdammt warm und so beschloss ich dann gleich in dem Ort zu bleiben. Etwas außerhalb fand ich ein stilles Plätzchen, an dem ich mein Zelt aufschlagen konnte. Einen Campingplatz gibt es in Stamsund nicht, aber wie überall in Norwegen gilt das „Jedermanns Recht“. Es erlaubt das Wildcampen unter Einhaltung einiger Regeln. Die wichtigsten davon sind: Der Natur keinen Schaden zufügen, den Platz sauber wieder zu verlassen und die Privatsphäre der Bewohner zu respektieren, also einen gebührenden Abstand zum nächsten Wohnhaus einzuhalten.

Hafenidylle in Stamsund











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