Samstag, 6. März 2010

Norwegen 2005 - Zu Land und Wasser - 17. – Teil 1 – Museumstag (Hurtigruten- Museum)

Museumstag (Hurtigruten- Museum)

Das Wetter hatte entschieden, es wird keine dritte Walsafari geben. Diese Option hatte ich in meiner Planung, allerdings nur bei Sonnenschein. Zwei Touren bei Regen und Sturm hatte ich in der Vergangenheit bereits absolviert. Eine dritte Safari bei Regen war demnach überflüssig.
So lag mein heutiges Ziel bei Bodø, doch zuvor machte ich noch einen Abstecher nach Stokmarknes ins Hurtigruten- Museum. Vor drei Jahren war ich bereits dort gewesen, die Finnmarken war damals jedoch wegen Renovierungsarbeiten geschlossen.

Stokmarknes mit Blick auf den Yachthafen und der gleichnamigen Brücke

Bei Ankunft begrüßte mich ein Schauer, den ich mit Nichtachtung strafte. An der Kasse fragte ich zunächst nach ob das Schiff auch zu besichtigen sei. Das war der Fall und besser noch, ich zahlte nur die Hälfte wenn ich mir nur die Finnmarken ansehen wollte.
Zunächst war ich von ihrem Zustand enttäuscht. Überall brach der Rost wie blutende Wunden durch den weißen Lack. Nach wie vor fristet sie ihr Rentnerdasein unter freiem Himmel und ist Wind und Wetter ausgesetzt. So muss auch ein Museumsschiff seinen Tribut zahlen.


Im Hurtigrutenmuseum großfächige Wandbilder

Ich betrat das Innere, um zu schauen wie es sich in den fünfziger Jahren wohl gelebt hat. Mein erster Eindruck, welch ein Luxus an Platz auf den heutigen Schiffen und deren Kabinen doch herrscht. Hier trifft der Ausdruck Kojen besser zu. Beim Betrachten der Räumlichkeiten erwacht der Geist der Nostalgie und ich stelle mir eine Fahrt auf der alten Finnmarken vor. Kurz nach Kriegsende waren solche Seereisen sicher der pure Luxus. Das gilt auch für die Ausstattung, die trotz der räumlichen Enge fließend Wasser und manchmal sogar ein komplettes Badezimmer mit Dusche bot. Hierbei handelte es sich bestimmt um die erste Klasse.



Einer der Salons auf der Finnmarken

Ja, ich kann mir das Leben an Bord zu dieser Zeit ganz gut vorstellen. Die Frauen in ihren schicken Kleidern, nach der neuesten Mode aus Paris, die Männer in Anzügen und Krawatte, Hut und die auf Hochglanz polierten, handgefertigten Schuhe. In der Hauptsache waren es wohl Amerikaner, Engländer und Schweizer. Das Volk des übrigen Europas war wohl kaum in der Lage sich so eine Luxusseereise zu leisten.

Der Funkraum

Ich höre die Frauen, mit einem Cocktailglas in der Hand, über die neueste Mode plaudern, während die Männer Zigarre rauchend die neuesten Wirtschaftsnachrichten aus New York und London diskutieren. Es herrscht eine allgemein positive Stimmung, der Krieg liegt einige Jahre zurück und Europa befindet sich wirtschaftlich im Aufwind.


und die Brücke

So könnte es gewesen sein, an Bord der Finnmarken auf dem Sonnendeck oder einem der Salons, während draußen die bizarr anmutende Landschaft der Lofoten vorüberzog.

Ein weiteres Wandbild mit einer Hurtigrutenszene

Ich betrete den ehemaligen Speisesaal. Die Einrichtung wirkt, für heutige Verhältnisse, ein wenig schwülstig. Der rote Teppich ist abgetreten und erzählt seine eigenen Geschichten vom Leben dieser Zeit. Von feudalem Dinner, leisen Gesprächen und Liebesgeflüster bei Kerzenschein und leiser Musik. Und von den Bediensteten, die wie gute Geister immer da waren, wenn der Gast einen Wunsch hatte. – Das hat sich bis heute nicht geändert, wie ihr aus meinen Berichten bereits erfahren habt.


Ausstellungsstück im Museum

Während das Schiff in die Nacht hinausfährt und die Mitternachtssonne das Meer küsst, genießen die Reisenden diesen wundervollen Augenblick. Die Damen nippen dabei am Weinglas, während die Männerwelt dem Whiskey oder Cognac zuspricht. Der Kapitän hat derweil ganz andere Sorgen. Er muss seine Fracht, bestehend aus Mensch und Güter durch die heimtückische Schärenlandschaft bringen. Zu seiner Zeit war noch ein gutes Auge, das Wissen und Können des Steuermanns gefragt. Da gab es noch kein GPS oder satellitengestützte Navigation.

Die Vergangenheit spiegelt sich in der modernen Glasfassade des Museumsgebäudes

Handarbeit erforderte auch das Be- und entladen der Güter. Das lief bestimmt nicht immer so ruhig ab, wie in heutigen Zeiten. Die Finnmarken wurde noch nach alter Frachter Sitte beladen. Mit Ladebäumen wurde das Gut durch Luken in den Bauch gehievt. Heute öffnet sich eine große Ladeklappe seitlich und die Waren werden mit Gabelstaplern im Rumpf verladen.

Handelsgebäude in Stokmarknes

Ja, so kann man sich das Leben in den Fünfzigern auf einem Hurtigrutenschiff vorstellen. Zumindest in meiner Fantasie, während ich den Rundgang machte. Hab Dank, Finnmarken, für den Ausflug in die Vergangenheit.


Außerhalb Stokmarknes Pottwalskulptur am Campingplatz

Und wie ein Zeichen, als ich die Finnmarken verließ und wieder zu meinem Fahrzeug ging legte gerade eines der modernen Hurtigrutenschiffe ab. Gönnen wir der alten Finnmarken ihren wohlverdienten Ruhestand.

Nordlandskulptur in Sortland










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