Samstag, 17. Juli 2010

Norwegen 2005 - Zu Land und Wasser - 27. Das alte und neue Gesicht der Hardangervidda

Das alte und neue Gesicht der Hardangervidda

Ich glaube Eidfjord hat in der vergangenen Nacht die gesamte Wassermenge für den Monat Juli bekommen. Bei den Stakkatos der Regentropfen folgte ein Akkord dem anderen. Und die Dachpfannen über meinem kleinen Zimmer dienten als Verstärker für das feuchte Konzert. Die grauen, undurchdringlichen und wabernden Zuschauer an den Berghängen und über dem Fjord verlangten nach Zugaben. Das laute Trommeln ließ gar nicht erst zu, dass sich die Streicher aus Sonnenstrahlen hätten durchsetzen können.

Tiefhängende Wolken am Eidfjord Vatnet

Bis Øvre Eidfjord ist es nur ein Katzensprung. Hier liegt der Abzweig nach Hjølmo. Dichter Nebel umhüllte die Berge. An eine Wanderung zum Vedalsfossen war nicht zu denken.
Ich setzte meinen Weg, bis zum Parkplatz am Vøringfossen, fort. Wie zu erwarten auch hier das gleiche Bild. Teilweise war die Hand vor Augen nicht zu sehen. Trotzdem entschloss ich mich zur Wanderung entlang der alten Passstraße. Auf fünf Kilometer Länge wird ein Höhenunterschied von 500 Metern überbrückt.


Aussichten auf der alten Hardangervidda- Straße

Zu Beginn des Weges war rein gar nichts zu sehen. Nach etwa einen Kilometer wurde der Blick ins Tal klarer. Der Ablauf des Vøringfossen war gut zu sehen, der Wasserfall selber nicht. Dafür war sein Grollen und Tosen deutlich zu hören. In der Stille die mich umgab, ich war ganz allein unterwegs, konnte man den Eindruck gewinnen, er wolle etwas erzählen.
Nach gut anderthalb Kilometern traf ich auf einen Italiener, der mit seinem Wohnmobil auf dem Parkplatz stand. Sein Ziel war ebenfalls der Wasserfall, der jedoch gar nicht zu sehen war, wie er verzweifelt feststellte. Und ich konnte ihm auch nichts Besseres von oben berichten.


Die Måbøbrücke im gleichnamigen Tal

Dabei wieder das Erstaunen, dass ich zu Fuß unterwegs war. Mir scheint wir Deutschen haben in anderen Ländern keinen besonders guten Ruf was das Wandern angeht. Natürlich weiß ich, dass ich keine Ausnahme darstelle.
Dort wo sich der Blick ins Måbøtal öffnet traf ich auf ein Paar aus Holland. Sie quälten sich mit dem Fahrrad den steilen Weg hinauf. Auch hier die Frage nach der Aussicht auf den Wasserfall, die ich negativ beantworten musste. Vielleicht wird es ja im Laufe des Tages noch etwas, versuchte ich Hoffnung zu verbreiten. Die Beiden bedankten sich und machten sich wieder auf den Weg, der sie durch die Hardangervidda nach Oslo und weiter nach Egersund führen sollte. Von dort wollten sie mit dem Schiff zurück nach Dänemark, wo ihr Auto stand.


Bequemer geht es mit der Trollbahn

Mein Weg führte weiter hinunter ins Tal und zur Måbøbrücke. Sie wurde 1910 erbaut. Die Bögen sind in Trockenbauweise zusammengefügt. Dabei wurden die Steine so verzahnt, dass sie sich gegeneinander abstützen. Über Jahrzehnte fuhr der Schwerlastverkehr darüber, ohne dass die Brücke irgendwelche Ermüdungserscheinungen zeigt. Diese Straße gibt es immerhin schon seit 1915 und verbindet seither Oslo mit Bergen.
Zur damaligen Zeit war die Straße noch einspurig was auch völlig ausreichend war. Doch mit dem zunehmenden Autoverkehr und dem Tourismus wurde dieser Engpass zu einem ernsten Problem. Wartezeiten von bis zu fünf Stunden waren keine Seltenheit. Das führte zu dem Entschluss den neuen Abschnitt durch die Berge hindurch zu führen. Heute ist es ganz selbstverständlich durch die Tunnel zu fahren und in kurzer Zeit auf der Hochebene zu sein.

Der Måbøgården

Wenig später bin ich am Ziel, dem Måbøhof. Dieser war von 1600 bis 1967 bewohnt und bewirtschaftet. Heute beherbergt er ein kleines Museum in dem die Lebensbedingungen und Gewohnheiten aufgezeigt werden.
Während der gut einstündigen Wanderungen, die kurzen Unterhaltungen mit eingerechnet, blieb ich vom Regen verschont. Doch im Tal begann es wieder zu regnen und zwar ziemlich heftig. So wählte ich für den Rückweg die bequemere und trockene Variante mit der Trollbahn. Hier bekam ich auch die ein oder andere Information zu der Wegstrecke. Allerdings hätte ich mir gewünscht, das Abspielgerät hätte richtig funktioniert.

Ausblick vom Sysendamm

Wer sich für den Weg zum Fuß des Vøringfossen interessiert, dem kann ich noch einige Infos dazu geben. Der schmale Trampelpfad führt vom Tal zunächst am See und später am Fluss entlang. Bei einem Wetter, wie es heute vorherrschte sicher kein Vergnügen. Festes und trittsicheres Schuhwerk ist auf alle Fälle erforderlich. Und wer am Ende auch noch die 1300 Stufen bis zum Hotel Fossli hinauf will muss schon schwindelfrei sein. Der Abgrund ist allgegenwärtig.
Bemerkenswert dazu ist, das Baumaterial für das 1891 errichtete Hotel wurde über genau diesen Weg mit den robusten Fjordpferden heran- und nach oben geschafft.

Trotz seiner Größe fügt der der Sysendamm perfekt in die Landschaft

Wieder am Ausgangspunkt angekommen lag der Parkplatz noch immer im dichten Nebel. Nach einem Imbiss fuhr ich gegen zwei Uhr weiter. Einen Abstecher zum Hotel konnte ich mir sparen. Die Wolken hüllten alles in dichtes Schweigen.
Die Straße steigt weiter an und mit einem Mal war die Wolkendecke durchstoßen. Nach der grauen undurchsichtigen Watte erschien das Tageslicht beinahe schmerzend hell.
Der Sysendamm machte schon von weiten auf sich aufmerksam. Der Steinwall auf der linken Seite ist einfach nicht zu übersehen. Ich nutzte das aufklarende Wetter für einen weiteren Spaziergang. Einmal über den gesamten Damm und zurück.

Rastplatz bei Dyranut, dem höchsten Punkt der Hardangervidda

Bei Dyranut ist der höchste Punkt der Hardangervidda erreicht. Die wenigen Schneefelder überraschten mich ein bisschen. Nach meinen bisherigen Erlebnissen hatte ich doch etwas mehr erwartet. Auch hatte sich die Landschaft deutlich verändert. Es gab viel mehr Häuser oder Ferienhütten in der Hochebene als noch vor fünf Jahren und der Bauboom scheint noch kein Ende zu haben. Das gilt auch für die zahlreich angelegten Parkplätze mit viel Information zu der Gegend.

Kleines samisches Freilichtmuseum bei Fagerheim

Die RV 7 ist eine der ersten Straßen, die zu sogenannten Touristenstraßen ausgebaut werden. Dazu gehören auch die vielen neuen Parkplätze an interessanten Punkten. Sogar Leitplanken an besonders heiklen Stellen fand ich zu meinem Erstaunen. In Ustaoset sind große Hotels entstanden und der Bahnhof war in dieser Größe vor fünf Jahren auch noch nicht da gewesen.

Freilichtmuseum in Geilo

Typische Lagerhäuser

Das Gesicht der Hardangervidda entlang der RV 7 hat sich gewaltig geändert. Der Tourismus bestimmt nun die Gestaltung der Landschaft. Das trifft auch auf Geilo zu. Einige Kilometer vor dem Ort fallen große Überlandmasten für die Stromversorgung auf. Im Zentrum gibt es ein großes Einkaufscenter und das nicht gerade kleine Geilo- Hotel wird durch einen großen Anbau erweitert. Auffällig sind auch die vielen kahlen Stellen an den Berghängen. Geilo war schon immer Zentrum des Wintersports, trotzdem haben die Pisten und Sessellifte noch einmal deutlich zugenommen.


Kirche in Geilo

So wundert es nicht wirklich wenn man liest, dass die Grundstückspreise im Süden des Landes förmlich explodieren während im Norden immer mehr Menschen abwandern. Aber so ist das, was begehrt ist hat auch seinen Preis.

Ziegen in Geilo












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