Samstag, 25. September 2010

Norwegen 2005 - Zu Land und Wasser - 32. Telemarkkanal

Telemarkkanal

Um 8:40 Uhr sollte die Hendrik Ibsen den Hafen in Dalen verlassen. Um sieben verließ ich mein Zelt, holte die frischen Brötchen ab, die ich am Abend zuvor bestellt hatte und genoss das Frühstück im Freien. Die Sonne stand an einem fast wolkenlosen Himmel, aber noch fehlte es an Wärme. Es war frisch aber keineswegs unangenehm.
Das kurze Stück bis zum Hafen fuhr ich mit dem Fahrrad. Dort angekommen musste ich feststellen, dass kaum Menschen anwesend waren. Vielleicht zwanzig Passagiere kurz darauf, mit mir zusammen, an Bord.
Die erste Station auf dem Telemarkkanal, Lårdal

Die Hendrik Ibsen wurde 1907 in den Dienst gestellt. Bis 1992 befuhr sie die Gewässer vor Stockholm, entlang der Schärenküste. Danach wurde sie von den Norwegern gekauft und befährt seit 1993 den Telemarkkanal.
Gleich nach dem Auslaufen erfolgten die ersten Informationen und die Passagiere wurden mit den Rettungsmaßnahmen vertraut gemacht.
Der erste Hafen wird nach kurzer Zeit erreicht, es ist Lårdal. Die Gegend zeichnet sich durch südeuropäisches Klima aus. Hier gedeihen Aprikosen, Walnüsse und sogar Apfelsinen.
Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich der Ort Bandaksli, dort wird vorwiegend Bimsstein abgebaut.


Hendrik Ibsen mit Schiffsglocke

Weiter ging es über den Bandak nach Spjotsodd. Die Landschaft bietet in diesem Teil nur wenig Abwechslung. Erst kurz vor dem nächsten Ziel wird es wieder spannend, wenn das Schiff durch die enge Fahrrinne fährt. Mühelos kann man durch das klare Wasser bis auf den Grund sehen. Mehr als die berühmte Handbreit Wasser ist da nicht unterm Kiel.
Einige Passagiere steigen zu und weiter ging die Fahrt. An Fjågesund vorbei, einem kleinen Ort mit gerade mal fünfzig Einwohnern, wie den Gästen erklärt wird. Wer weitere Informationen möchte kann dazu eine Broschüre über den Telemarkkanal käuflich erwerben.
Inzwischen hatte die Sonne ihre ganze Kraft entfaltet. Die Jacken, die am Morgen noch nötig waren, verschwanden in den Rucksäcken und wurden durch Sonnencremes ersetzt.


Brücke bei Fjagesund

Inzwischen hatte die Sonne ihre ganze Kraft entfaltet. Die Jacken, die am Morgen noch nötig waren, verschwanden in den Rucksäcken und wurden durch Sonnencremes ersetzt.
Wo auch immer Menschen am Ufer standen, wurde das Schiff von ihnen durch freundliches Winken begrüßt. Mal war es eine kleine Insel auf der sich eine Handvoll Badende eingefunden hatten, oder ein Boot, das an uns vorüberfuhr. Ein anderes Mal winkten uns Kinder aus einem Garten direkt am Ufer zu. Das Leben am Kanal scheint gemütliche Blüten zu tragen.
Kurz vor der ersten Schleuse in Hogge ist ein Teil der wieder hergerichteten Straße von 1853 zu sehen. Sie diente dem Transport von Gütern ehe der Kanal und die Schleusen erbaut worden waren.

Wohnen am Wasser, vor Hogge

Diese und fünf weitere Schleusen werden auch heute noch von Hand bedient. Dass für diese Arbeit nicht nur kräftige Männerhände geeignet sind, ist gleich in Hogge zu beobachten. Da konzentriert sich so mancher Blick weniger auf die Technik, als auf die nette Schleusenwärterin.
Der Kanal wurde in der Zeit von 1887 bis 1892 erbaut und schuf damit eine durchgehende Verbindung vom Innenland zum Meer.
Es folgte die Schleuse Kjeldal. Vor Lunde konnte man sich ein ganz besonders Bild von der Gemütlichkeit am Kanal machen. Ein Ponton mit einer Kunstrasenfläche, mit Tisch und Campingstühle schwamm auf dem Wasser. Die Besitzer konnten vom Garten aus über einen Steg dorthin gelangen.


Ein Teil der alten Transportstraße von 1853, vor Hogge

Vor der Schleuse in Lunde begegneten wir dann der eigentlichen Königin des Telemarkkanals, der Viktoria. Sie fährt schon seit 1882 auf dem Kanal. Zu Beginn mit Dampfkraft, ehe ihr in den fünfziger Jahren ein neues Herz eingepflanzt wurde. Seitdem treibt sie ein Dieselmotor voran. In Lunde wurde das Schiff von einer Musikkapelle am Anleger begrüßt und es stiegen weitere Passagiere zu.
Hier lag auch das dritte Schiff, die Telemarken, des Kanals. Es handelt sich dabei um einen Neubau und genauso langweilig sieht es auch aus.

Schleusentor öffne dich, hier ist noch Muskelkraft gefragt

Die vierte Schleuse ist wohl der interessanteste Teil des Kanals. Bei Vrangfoss sind dreiundzwanzig Höhenmeter zu überwinden. Das geschieht mit insgesamt fünf Schleusenkammern. Auch hier ist durchweg Handarbeit erforderlich. Und vor allem ist das kein Job der nur zweimal am Tag gemacht werden muss. Hinter uns folgten gleich die Telemarken und vor der fünften Schleuse hatten sich etliche Freizeitkapitäne eingefunden, die nach oben befördert werden wollten.
Nach knapp sieben Stunden war mein Ziel, Ulefoss, erreicht. Etwa Dreiviertel der insgesamt 105 Kilometer langen Strecke lag hinter mir. Genug Zeit um sich zu entspannen, besonders während der Fahrt über den Bandak.


Terrasse am Wasser, bei Lunde

Vielleicht ist der Kanal noch reizvoller wenn man die Reise in Skien beginnt. Die Schleusengänge sind nun mal der spannendere Teil der Fahrt. Und wenn das Schiff gehoben, anstatt abgesenkt wird, ist das noch mal so interessant. Wer die Fahrt vom Meer aus beginnt sollte auf jeden Fall vorbestellen. Anders als die Hendrik Ibsen war die Viktoria mehr als gut gefüllt.
Die Hendrik Ibsen war mit kaum mehr als 20 Passagieren an Bord gestartet. Erst in Lunde wurde die Zahl verdoppelt. Dafür dass der Telemarkkanal eines der beliebtesten Ausflugsziele ist und jährlich mehr als 100000 Besucher hat, war das recht mager.

Begegnung mit der Victoria

Dürftig waren auch die Informationen zum Kanal. Dafür gab es reichlich Sicherheitshinweise, was natürlich nicht falsch ist, und die Telemarkbroschüre, die käuflich zu erwerben ist, wurde viermal erwähnt. Die Andenken an Bord waren unverhältnismäßig teuer. So sollte eine einfache weiße Tasse mit dem Schiff im Blaudruck darauf umgerechnet 20 Euro kosten. Die Verpflegung hingegen kann als günstig bezeichnet werden.


Schmale Passage vor der Vrangfoss- Schleuse

Ein weiteres Manko war die fehlende Information zu den Abfahrzeiten der Expressbusse. Laut Fahrplan war mit zwanzig Minuten Aufenthalt zu rechnen. Zu wenig um sich in Ulefoss noch umzusehen. Tatsächlich mussten wir über eine Stunde warten. Die Zeit hätte für einen Rundgang allemal gereicht, man hätte es nur wissen müssen.
Insgesamt ein lohnender Tagesausflug, der in mancher Beziehung noch verbesserungswürdig ist. Wobei die Preise den ein oder anderen abschrecken werden. Die Strecke Dalen – Ulefoss mit Busrückfahrt schlagen bei einem Erwachsenen mit 75 Euro zubuche. Kinder bis drei Jahre sind frei und bis fünfzehn Jahre zahlen die Hälfte. Wer sein Kleinkind im Kinderwagen mitführt wird aber auch zur Kasse gebeten. Rund 10 Euro für das Gefährt sind dann fällig.

Die Vrangfoss- Schleuse von unten gesehen

Die Überlandbusse (Ekspressbusse) sind sehr komfortabel mit Klimaanlage und Toilette. Sie haben somit Reisebusniveau. Hinweise auf Sehenswürdigkeiten gibt es auch, allerdings nur in Landessprache. Das sollte aber nicht als Kritik aufgefasst werden, im Gegenteil. Ich kann mir nicht vorstellen, dass deutsche Linienbusfahrer in Köln, Düsseldorf oder sonst wo auf die Sehenswürdigkeiten hinweisen.

Schleusenkammer Ulefoss










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