Sonntag, 31. Januar 2010

Norwegen 2005 - Zu Land und Wasser - 13. Teil 1 - Blutsauger und Steintrolle

Blutsauger und Steintrolle

Die Mücken hatten am vergangenen Abend ganze Arbeit geleistet. Ich hätte vielleicht doch nicht so stur sein sollen, die ganze Zeit im Liegestuhl zu sitzen obwohl Divisionen von Blutsaugern unermüdlich über mich herfielen. Die Strafe folgte auf dem Fuße. Oberschenkel und Knie sind dunkelblau und angeschwollen. Das gleiche gilt für den linken Fußrücken. Und das, obwohl ich lange Hosen und auch Socken anhatte. Solche Kleinigkeiten waren für die gierigen Biester keine Hindernisse. Ihr Gift ist so aggressiv, dass ich jederzeit mit einer Blutvergiftung rechnen muss. Ich werde die Wunden in den nächsten Tagen genauer zu beobachten müssen.

Junges Ren hinter Tana Bru

Der Campingplatz konnte mich nicht überzeugen dafür stimmte der Service nicht. Eine einzige Dusche für den gesamte Platz, dazu unverschämte 20 NOK (etwa 2,50 €) für fünf Minuten warmes Wasser. Weder der Papierhandtuch-Spender noch Toilettenpapier wurden aufgefüllt und das schon seit Tagen nicht, wie mir ein anderer Camper sagte. Wenn der Service im angeschlossenen Hotel ebenso ist, dann werden die Gäste ganz sicher nur einmal kommen du dann nie wieder.
Nun wurde es aber Zeit loszufahren, nachdem ich auch noch eine Stunde mit einem Schweizer geplaudert hatte. Beinahe unglaublich die Geschichte. Er war von der Schweiz über St. Petersburg mit dem Fahrrad unterwegs. 5000 Kilometer lagen bereits hinter ihm. Noch mal soviel sollten es werden, ehe er wieder in der Heimat war. Und der gute Mann war schon gut über sechzig!


Die Kirche von Skardjajarvi

Heute sollte hauptsächlich Weg überbrückt werden. Diesen Streckenabschnitt war ich bereits vor drei Jahren gefahren. Die kleine Wegkirche in Tana betrachtete ich im Vorbeifahren. Die Geschichte hatte ich vor etwa zwei Jahren an dieser Stelle erzählt.
Hinter dem Ort wurde die Straße zunehmend schlechter. Ein Patchwork- Flickenteppich kann kaum mehr Löcher und Farbnuancen haben wie der Teerbelag. Und dann wäre es tatsächlich beinahe passiert. Mitten in einer scharfen Rechtskurve eine große und tief ausgewaschene Stelle mit losem Schotter. Sofort begann der Wagen nach links zu rutschen, direkt auf den Abgrund zu. Eine Vollbremsung mit Hilfe des ABS entschärfte die Situation. Fortan fuhr ich noch etwas langsamer. Die Straße war nicht für die zugelassene Höchstgeschwindigkeit geeignet.

Blick über den Iffjord

Einen ersten Stop legte ich in Skardjajarvi ein (Sk wird wie unser Sch ausgesprochen) Eigentlich kein richtiger Ort, eher eine Ansammlung von einzelnen Gehöften und mit einer Kirche inmitten in der Einöde, wie wir die Umgebung wohl beschreiben würden. Diese dient den Menschen im Umkreis von 50 km ihren Glauben auszuüben. Die Kirche ist gerade mal so groß wie ein Einfamilienhaus. Daraus kann man Schlüsse zur Dichte der Besiedlung schließen.
Wenig später erreichte ich den höchsten Punkt der Kommune Gamvik. Unterwegs traf ich immer wieder auf kleine Rentierherden.

Canyonblick Børselv

Gerade noch dicke graue Wolken und zehn Kilometer weiter, direkt am Iffjord, strahlender Sonnenschein.
Die Straße führt durch baumlose karge Tundra. Einsam, ruhig, manchmal beängstigend still. Wer alleine reist freut sich schon über die Rentiere oder bunte Blumen am Straßenrand. Oder über den Wasserfall am Adamsfjord, der sich links unter der Straße ins Tal stürzt.
Weiter Richtung Børselv wurde der Straßenzustand langsam besser, oder die Bauarbeiter waren zumindest dabei die Spuren des Winters zu beseitigen. Der gleichnamige Fluss bildet den zweitgrößten Canyon Norwegens. Hier ist auch der nördlichste Fichtenbestand zu finden. (Fana) Auf der rechten Seite wurde wenig später der Porsangerfjord sichtbar. Mit 120 Kilometer Länge und 20 Kilometer Breite bietet er einen imposanten Anblick.

Kleines Freilichtmuseum Stabbursnes

Gegen Mittag erreichte ich Lakselv. Auf den ersten Blick erscheint der Ort wie eine große Wegkreuzung. Die RV 98 aus Osten trifft die E6 aus Südosten die weiter nach Norden oder Westen führt. Den kleinen Ort jedoch nur auf diese Weise zu betrachten wäre nicht fair. Er bietet Anglern ein ergiebiges Terrain, Campern einen wunderschönen Sandstrand direkt am Fjord mit der Möglichkeit die Mitternachtssonne über dem Fjord zu beobachten. Ein kleines samisches Spezialitäten- Restaurant hatte ich ebenfalls ausfindig gemacht, gleich gegenüber der Tankstelle. Das Haus öffnet jedoch erst um 20:00 Uhr. Wer lieber auf herkömmliche Speisen zugreifen möchte, dem sei das „Steklet“ gleich neben der Tankstelle empfohlen. Hier hatte ich sehr gut zu Mittag gegessen.

Porsangerfjord bei Trollholmen

Auf halbem Weg nach Olderfjord (E 6 Richtung Norden) liegt etwas abseits Stabbursnes. Die Landschaft lädt zum Wandern oder spazierengehen ein. Es gibt einen Kulturpfad und die auch Möglichkeit verschiedene Vogelarten zu beobachten. Für die Kleinen gibt es einen großen Spielplatz, den Nachbau einer Holzhütte der Samen, die mit Rentierfellen ausgelegt war und ein großes Luvvo. (samisches Zelt)

Farbspiel, weiße Felsen, rotleuchtendes Moos, blaues Meer und grüne Wiesen

Eine Stunde gönnte ich mir ehe ich nach Trollholmen weiterfuhr. Der Ort liegt etwas abseits der E 6 und ist für seine Trolldolomiten bekannt. Das sind Felsformationen, die ohne viel Fantasie verschiedene Figuren erkennen lassen. Da sind eine sitzende Katze oder Hund erkennbar, auch ein Frosch oder die berühmt gefürchteten kleinen Trolle.

Trollholmen

Vom Parkplatz vor dem Gehöft führt ein markierter Weg zu den Felsformationen. Gut zwanzig Minuten müssen pro Strecke schon einkalkuliert werden. Wer bei herrlichem Wetter ankommt, wie es mir an dem Nachmittag zuteil wurde, dehnt den Spaziergang mit Freuden noch etwas aus.


Kunst von der Natur erschaffen

Die wunderschönen Ausblicke über den türkisfarbenen Porsangerfjord. Und wer offenen Auges den Weg beschreitet, dem entgehen auch die leuchtend roten Moosgewächse auf dem fast weißen Gestein nicht. Auf meinem Rückweg verabschiedeten mich die Hunde des Hofes laut bellend und ein kleines Lamm stand meckernd an einer Felswand gedrückt, um sich vor der stechenden Sonne zu schützen.

"Sitzender Hund"

Mein Zeitplan war längst wieder aus allen Fugen geraten. Noch lagen gut 100 km vor mir. Hammerfest erreichte ich am frühen Abend, nachdem ich die Orte Olderfjord, Skaidi und Kvalsund weitgehend unbeachtet gelassen hatte. Wirklich viel zu sehen gibt es hier nicht. Landschaftlich beeindruckt die Gegend um den Repparfjord und dem gleichnamigen Fluss (Repparelva) bei Skaidi.
Nachdem ich mich auf den Campingplatz oberhalb von Hammerfest einquartiert hatte, machte ich mich am Abend mit dem Fahrrad auf den Weg in die Stadt.


Trollversammlung








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