Sonntag, 7. August 2011

Norwegen 2006 - Eine Winterreise mit der Hurtigrute - 5 Tag Teil 2 - Das Leuchten im Raffsund

Das Leuchten im Raffsund

Während wir im Hafen von Stamsund festmachen genießen wir, die kleine Gruppe von Touristen, gerade das wohlschmeckende Dinner.
Auch Svolvær hatte für mich nichts Neues zu bieten, dachte ich.


Ganz schwach zeigen sich erste grüne Schlieren

Auf den Ort traf das auch zu, doch wie stand es mit der Natur ringsherum? Ein sternklarer Himmel lag über uns. Das Sternbild des Orion stand scheinbar senkrecht über dem Meer. Der große Wagen, der Polarstern und die unzähligen anderen Sterne erweckten den Eindruck von glitzernden Diamanten auf nachtblauem Samt, die vom fast vollen Mond angestrahlt wurden. Das weiße Licht verzauberte die Landschaft mit Schattenspiel. Gefangen von diesen Bildern wäre mir beinahe ein viel schöneres Schauspiel entgangen.
Direkt über der Stadt tauchten kaum wahrnehmbare grünliche Schleier am Himmel auf. Waren das die Polarlichter?


Der Marktplatz von Svolvær

„Ach was, das sind nur Schleierwolken“, sagte mein Decknachbar. Leichte Unsicherheit wollte Besitz von mir ergreifen, doch mein Gefühl richtig zu liegen siegte. Das waren keine Wolken, da passierte etwas am Nachthimmel.
Runter in die Kabine, Kamera und Stativ geholt und Enttäuschung. Die zartgrünen Schleier waren verschwunden, was blieb war ein großes Fragezeichen in meinen Gedanken.
Um 22:00 Uhr legten wir ab. Ich nahm mir vor noch fünf Minuten an Deck zu bleiben, um das Lichtermeer der Stadt zu bewundern. Danach wollte ich mich in meiner Koje in süße Träume flüchten. Doch erstens kommt es anders ..., ihr wisst schon. 

Über den Bergen des Raffsunds erscheint das grüne Leuchten

Stormolla gehören, grüne, kaum wahrnehmbare Schlieren auf. Es wirkte wie ein grüner Regenbogen, der sich von einem Berg zum anderen spannte.    
Lange hielt der Zustand nicht an, dafür flammte der Himmel nun wieder direkt über der Stadt im grünen Licht auf. Die wenigen Mitreisenden an Deck schienen den Atem angehalten zu haben. Kein Wort, nur lautes Schweigen und staunen. Mir erging es nicht anders. Wobei ich mich fragte, warum gerade jetzt. Ich meine jetzt, wo das Schiff wieder in Bewegung ist und Fotoaufnahmen wegen der langen Belichtungszeit verschwommen wirken? Nach wenigen Minuten nahm unser Schiff Kurs auf den Raffsund. Svolvær lag nun direkt am Heck des Schiffes und von dort nahmen die Polarlichter ihren Weg. Ein beinahe unglaubliches, wenn nicht mit eigenen Augen gesehenes Naturschauspiel nahm seinen Lauf und entlockte den Betrachtern das ein oder andere „Ah“ oder „Oh“, oder einfach nur den Ausruf: „Geil, phänomenal“, und ich schließe mich da keineswegs aus.

Ein Großteil des Himmels ist von Polarlichtern überzogen

Unentwegt veränderten die Lichterscheinungen Gestalt und Aussehen, wobei sich die Farben oft nur um Nuancen veränderten. Das Spektrum reichte von gelbgrün bis lindgrün oder geringfügig dunkler.
Oft erinnerten die Erscheinungen an den Schweif eines Tieres und mir fiel die Geschichte über den Polarfuchs wieder ein. Sie wurde in Andenes zum Thema Borelis Aurora erzählt und besagt, dass die Lichterscheinungen durch den Schweif des Fuchses hervorgerufen werden. Nachdem ich diesem Schauspiel nun beiwohnen durfte konnte ich nachvollziehen wie diese Legende entstanden ist.


Dieses Naturwunder nimmt jeden gefangen

Längst durchfuhren wir den Raffsund und das Leuchten und wabern am Himmel wollte kein Ende nehmen. Im Gegenteil, es schien so als wäre das bisherige nur ein kleines Vorspiel gewesen. Der Hauptakt fand nun hier im Raffsund statt. Große Teile des nachtschwarzen und sternenübersäten Himmels waren von den wild tanzenden und wabernden Lichtern bedeckt. Die Natur griff tief in ihre Zauberkiste, um uns Menschen und kleinen Wesen zu beeindrucken, was ihr ohne Zweifel auch gelang. Beinahe ehrfürchtig bestaunten wir ihr Können, vergaßen dabei die schneidende Kälte und versuchten das Unfassbare in Bildern festzuhalten, mitzunehmen. Ein kläglicher Versuch diese Großartigkeit in dieser Form  festzuhalten, die später in erstarrter Weise nur einen Bruchteil dessen wiederzugeben vermag, was sich tatsächlich in den Augenblicken abgespielt hat.
Immer neue Bilder entstehen

Auch meine Worte können dem nicht gerecht werden. Und das was meine Sinne wahrgenommen haben lässt sich nicht in Worte fassen. Du musst es selbst erlebt haben, um zu verstehen warum jeder Versuch einer Beschreibung scheitern muss.
Erst nachdem sich die Minuten zu mehr als zwei Stunden aneinandergereiht hatten, der leere Akku jeden weiteren Versuch, die Unfassbarkeit einzufangen, unterband, nahm ich meine Umgebung langsam wieder wahr. Ich spürte den eisigen Fahrtwind, aber nicht meine ungeschützten Hände die abwechselnd das Aluminiumstativ festgehalten hatten. Ich ignoriere den eisigen Schmerz in den Knöcheln und danke im Stillen für das Erlebnis des Unbeschreiblichen.



 


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