Sonntag, 28. November 2010

Norwegen 2006 - Eine Winterreise mit der Hurtigrute - 1. Tag – Fantasy

Einleitung

Es wurde Zeit für Urlaub. Das ganze Jahr über gearbeitet und im Dezember noch 25 Tage Urlaub auf dem Konto, die auf ich keinen Fall zu Hause verbringen wollte. So blieb mir nur die Möglichkeit eines Pauschalurlaubes. Ihr wisst ja wie ich dazu stehe.
Mit der Hurtigrute hatte ich bereits im Sommer 2005 meine Erfahrungen gesammelt, so dass ich mir einigermaßen sicher sein konnte nicht wieder so einen Reinfall wie 2003 in der Türkei zu erleben.
Und Norwegen im Winter hatte ich bisher noch nicht erlebt. Damit stand der Urlaub fest. Das Paket, das ich mir ausgesucht hatte liest sich im Telegrammstil so:


Bleßhühner im Kieler Stadtpark

Von Kiel nach Oslo mit der Color Fantasy
Von Oslo nach Bergen mit der Bergenbahn.
Ab Bergen 11 Tage auf der MS Mitnatsol über Kirkenes nach Trondheim.
Von Trondheim mit der Dovrebahn nach Oslo.

Dort eine Übernachtung und dann mit der Kronprinz Harald zurück nach Kiel.

Soweit die Kurzfassung.

Kieler Stadtpark


Fantasy

Um mir möglichst wenig Stress zu machen bin ich bereits einen Tag vorher nach Kiel gefahren. Ausgeschlafen und gut gefrühstückt blieb noch Zeit für einen Spaziergang durch die Stadt, ehe ich mich mit meinem Gepäck zum Colorline- Kai begab. Das liebe Gepäck sorgte denn auch dafür, dass der kurze Fußweg zu einer schweißtreibenden Angelegenheit wurde. Gut zwanzig Kilo Winterkleidung und nochmals zwölf Kilo Fotoausrüstung wollten erst einmal bewegt werden und weckten sogleich wieder erste Zweifel in mir, was das Pauschalreisen anbelangt. Wie bequem war es doch all seine Utensilien in einem Fahrzeug zu verstauen und nicht die schweren Koffer mit sich herumschleppen zu müssen. Und das hier war ja erst der Anfang. In meinen Gedanken spielte sich bereits das Horrorszenario ab. In Oslo ausschiffen, mit Bus oder Taxi zum Bahnhof, von dort mit dem Zug nach Bergen. Und wiederum mit dem Taxi von Bahnhof zum Hafen.
Habe ich wirklich alles richtig gemacht, brauche ich so viel Gepäck? Noch während mir die Gedanken durch den Kopf gingen hatte ich beinahe unbemerkt das Colorline- Gebäude erreicht. Völlig unkompliziert bekomme ich mein Ticket und die Kabinenkarte und auch gleich noch einen Hinweis für die Rückreise.



Platz am Hafen

„Die Kronprinz Harald hat einen Maschinenschaden. Aus diesem Grund wird das Schiff voraussichtlich eine Stunde früher in Oslo abfahren und ca. 2 – 3 Stunden später in Kiel eintreffen.“, sagte die nette Dame mit einem freundlichen Lächeln.
„Vielen Dank“, antwortete ich leicht verwirrt und die Bilder einer dreimal durchstartenden Düsenmaschine nach beinahe zehnstündigem Flug mit Zwischenlandung in Hannover kamen mir in den Sinn. Sollte die Pauschalreisepest mich schon wieder erreicht haben?

Segelschoner im Winterschlaf

Eine Stunde später war ich bereits in meiner kleinen aber sehr gemütlich eingerichteten Kabine und das schwere Gepäck war erst einmal vergessen.
Das Wetter meinte es gut. Zwar war es bewölkt aber trocken und die Sonne zeigte sich ab und an auch mal. Der Tag machte seinem Namen alle Ehre, schließlich war es Sonntag.
Langsam zog die Küste der Kieler Förde unter den Augen zahlreicher Deckbesucher vorbei.


Schiffsschraube vor dem Colorline Kai

Kurz vor dem Marine- Ehrendenkmal konnte man sogar Surfer mit Paragleitschirmen beobachten. Eigentlich war es ja viel zu mild für Anfang Dezember. Und so suggerierten uns die bunten Gleitschirme im Licht der untergehenden Sonne eher etwas von einem Frühlingstag vor.
Nachdem wir das Marine- Ehrenmal passiert hatten und die Förde sich vor uns weit öffnete, war es an der Zeit das Schiff zu inspizieren.

Blick auf die Fantasy

Die Color Fantasy ist das zurzeit größte Fährschiff der Welt. Im Innern jedoch kann es auch mit den Luxuskreuzfahrtschiffen mithalten. Hier gibt es einfach alles. Bei der Burgerbude angefangen bis zum Gourmettempel und sieben Gänge Menüs. Eine 160 Meter lange Shoppingmall gehört ebenso dazu wie ein Spielcasino oder der Wellnessbereich. Nicht zu vergessen die Bars und die Liveshows.
Der Colorline Slogan: „Fähre mit Kreuzfahrtschiffcharakter“ ist nicht überzogen.


Kiel von oben (vom Deck der Fantasy)


Ein besonderer Clou sind die Innenkabinen über der Shoppingmall. Doch wer hier bucht sollte es mit dem Schlafen nicht so genau nehmen. Der Trubel vor dem Fenster geht bis in die Nacht hinein.
Die Preise für einen Imbiss beim Italiener oder in der Tapasbar liegen auf norwegischem Niveau. Gehoben aber keineswegs zu teuer, wie ich meine. Bei so vielen True Color Eindrücken war denn auch schnell die eingangs geschilderte Plackerei vergessen.
Am Abend habe ich mir dann auch die Show in der Fantasy Lounge angesehen, für die bereits den ganzen Nachmittag in der Einkaufsstraße Werbung gemacht wurde.

Kitesurfen in der Kieler Förde

Viel hatte ich eigentlich nicht erwartet, umso erfreulicher, dass diese Show auf einem hohen Niveau liegt. Eine Zeitreise durch die Rock und Popgeschichte. Das Ganze hatte schon beinahe Musicalcharakter, das gilt insbesondere auch für die Kostüme.


Marine Ehrenmal

Verständlich, dass das Fotografieren in der Show verboten ist.
Zwei Stunden später sitze ich in der Panoramalounge bei einem alkoholfreien Cocktail. Angekündigt ist ein Jazzquartett. Leider lässt sich die Qualität der ersten Show hier nicht wiederfinden. Das Quartett ist zunächst nur ein Trio und besteht aus drei Einzelgängern.

Fantasy Treppenaufgang am Casino

Zwanzig Minuten lang werden die Zuhörer nur von schiefen Tönen aus dem Klavier und vom Bass gequält, dann haben die drei ihre Technik soweit im Griff, dass ein erstes Stück Musik folgen kann. Aber so wie sie an die Arbeit gegangen sind, so vollendeten sie diese auch, als Solisten. Was sich wie gekonnter Jazz anhören sollte, war lediglich der Versuch von Selbstdarstellung. Und es sollte noch schlimmer kommen.


Blick in die Kabine

Nach einer guten halben Stunde wurde dann endlich aus dem Trio ein Quartett. Eine junge farbige Sängerin schlenderte auf die Bühne und verlieh der Musik ihre Stimme, oder sollte ich sagen Stimmchen. Der Gesang war farblos, klang gelangweilt ohne jeden Swing, ohne Rhythmus, den der Jazz verkörpert und gerade den afroamerikanischen Musikern nachsagt wird. Gutes Aussehen allein hilft auch nicht.


Die Shoppingmall

Einen Höhepunkt brachte diese Darbietung dennoch hervor. Eine junge Frau aus dem Publikum traute sich auf die Bühne und zeigte den Vieren was unter dem Begriff Jazz zu verstehen ist. Sicher war ihre Darbietung nicht perfekt, aber was sie bot ging wirklich gut ab und das Publikum spendete anhaltenden und nicht verhaltenen Applaus, wie bei den Stücken zuvor. Immerhin hatte dieses kleine Intermezzo auch Wirkung bei den eigentlichen Interpreten hinterlassen.

Eingang zum Restaurant

Die Musik wurde besser, aber nicht wirklich gut.
Inzwischen war es Mitternacht, Zeit sich schlafen zu legen. Das war ja auch genug Programm für den ersten Tag.

Lichtspiele mit gewaltigen Kronleuchtern














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