Sonntag, 16. August 2009

Norwegen 2005 - Zu Land und Wasser - 4. Winterlandschaft im Sommer

Winterlandschaft im Sommer

Ich war der einzige Gast auf dem Platz gewesen, sieht man einmal von den Bauarbeitern ab, die vier der Hütten belegt hatten. Der ganze Platz und das neue Sanitärhaus für mich alleine. Irgendwann in den frühen Morgenstunden hatte der Regen aufgehört. Mit oder ohne ihn, die nächste Etappe stand an. Das Ziel war Norheimsund am Hardangerfjord.

Kleiner Wasserfall am Storlivatnet bei Sauda

Bei meiner Planung hatte ich mich für die RV 520 entschieden, weil ich die RV 13 auf diesen Abschnitt schon mehrfach befahren hatte. Bei Hara stoßen die beiden Straßen wieder aufeinander. Soweit die bunte Theorie des mittlerweile in die Jahre gekommenen Straßenatlas. Nachteil dieser Werke, man erkennt nicht wann es durch ein Gebirge geht oder nicht. Auch die Straßenbeschilderung ließ zu wünschen übrig.


Seeidylle am Hegerlandsnuten (RV 520)

Zunächst glaubte ich an einem Abzweig den falschen Weg eingeschlagen zu haben. Die Berglandschaft zeigt Gipfel bis etwas über 1600 Meter und die Straße führte mitten durch das tief verschneite Hochgebirge. Die Schneefelder links und rechts der Fahrbahn türmten sich bis zu fünf Meter hoch. Die Temperatur lag bei gerademal 4° Celsius. Immerhin hatten wir Mitte Juni. Mir war durchaus klar, dass diese Wände jederzeit einstürzen konnten. Ein Ausweichen wäre zu keiner Zeit möglich gewesen. Die Straße war gerade breit genug für ein Fahrzeug. Kam ein zweites mussten die spärlich angebrachten Ausweichbuchten herhalten. Doch ich wäre nicht ich, ließe ich mir solch seltene Gelegenheit entgehen, um einige Bilder davon zu machen.


Auf Höhe Sata zeigt der Winter was er vom Sommer hält

Zugegeben, mir wurde ganz schön warm bei der kalten Gefahr. Als die Straße immer schmaler und Wände immer höher wuchsen überlegte ich schon wieder umzukehren. Doch dazu bedurfte es erst einmal einer Möglichkeit zu wenden, oder eben etwas Glück. Etwas mehr als dem Volvo- Fahrer beschieden war, dessen Windschutzscheibe von einem herabstürzenden Eisbrocken getroffen wurde. Die Reste des Schneebrettes lagen noch auf der Fahrbahn und gaben nur widerwillig unter meinen Reifen nach. Ein Umkehren war auch nicht nötig, ein kleines, leicht zu übersehendes Schild wies den Weg mit dem Vermerk 520. Kurz vor Skare erreichte ich wieder die zivilisierten Straßen dieser Welt. Am Ende der einstündigen Fahrt war ich froh die Winterlandschaft hinter mich gelassen zu haben.


Mit Sicht auf Skare liegt die Winterlandschaft hinter mir

Wieder einmal führte mich der Weg zum Latefossen. Zweimal war ich bereits hier. Beim zweiten Mal hatte ich mir vorgenommen vorbei zu fahren, es blieb bei dem Vorhaben. Heute war es nicht anders. Kaum erblickte ich diesen Wasserfall wurden alle Vorhaben über den Haufen geworfen, der Blinker gesetzt und auf den Parkplatz gefahren. Die regelmäßigen Leser mögen mir diese Wiederholung verzeihen. Aber wenn ihr die Bilder seht, die Wassermassen, die er in diesem Jahr befördert, dann werdet ihr mich vielleicht verstehen. Einfach unwiderstehlich! Vielleicht muss ich mir das nächste Mal wirklich eine andere Route suchen.

Der Låtefossen, immer wieder sehenswert

Danach folgte ich dem Abzweig nach Burdalen. Hier führt ein Wanderweg zu einem Seitenarm des Folgefonn- Gletschers. Ich hatte meinen Wagen ziemlich weit unten abgestellt. Der Weg bis zum eigentlichen Parkplatz betrug zwei Kilometer. Dort angekommen setzte leichter Regen ein, ebenso sicher zog ein Gewitter in meinem Kopf auf. Ein sicheres Zeichen für einen Migräne- Anfall, welcher mich auch in Norwegen nicht verschonen wollte. Nachdem ich weitere anderthalb Kilometer zurückgelegt hatte, über morastigen Boden und aalglatten Findlingen, die bei dem Wetter ihre ganze Tücke offenbarten, brach ich den weiteren Aufstieg ab, ehe ich mir etwas breche.

Buerdalen, ein Weg zum Folgefonn- Gletscher

In Odda gönnte ich mir erst einmal ein warmes Essen, ehe ich den Weg über die RV 550 nach Utne fortsetzte. Der Region scheint es ganz gut zu gehen. Die doch recht schmale Straße wird gleich hinter Odda ausgebaut. Dass auch den großen Straßenbauern in Norwegen mal was daneben gehen kann war hier zu sehen. Ein großer Felsblock war nach der Sprengung dort zu liegen gekommen, wo er nun gar nichts zu suchen hatte, mitten auf der Straße. So war gerade noch Platz genug um PKW’s passieren zu lassen. Der Linienbus, die WoMo’s und LKW’s mussten warten bis das Missgeschick beseitigt war. In Utne gibt es ein kleines Heimatmuseum rund um den Hardangerfjord. Ich setzte meinen Weg jedoch fort, weiter nach Jondal. Vorbei an die zahllosen Obstplantagen, die für das Einkommen und Auskommen der hier Ansässigen sorgten. Und wohl auch für einen gewissen Wohlstand. Die Häuser und Höfe waren schön anzusehen und erzählten davon.

Kirche bei Utne

Bei Herand sind etwa 6000 Jahre alte Felszeichnungen, die von frühen Besiedlungen zeugen, zu besichtigen. Eine große Felsplatte umgeben von einer Wiese laden zum Betrachten und Abschweifen in eine längst vergangene Zeit ein. Parkplätze gibt es allerdings nicht. Ich bin einfach bis zu Bushaltestelle gefahren und habe den Wagen dort abgestellt. Für einige Minuten hat noch nie jemand was gesagt.

Herand, große Felsplatte voll mit Felszeichnungen

In Jondal wollte ich mir trotz des pochenden Schädels den Abstecher zum Steinfjell- Gletscher nicht nehmen lassen. Ab Krossdalen ist die Straße mit Maut belegt. Bezahlt wird auf Vertrauensbasis, das heißt, das Geld wird in einen Umschlag gesteckt, Name, Anschrift und Kennzeichen darauf und in einen Briefkasten geworfen. Quittung stellt man sich selber aus. Wird man erwischt so sind 200 NOK Strafe fällig. Ich kann nicht sagen ob kontrolliert wird, oder wie oft. Ich denke einfach, wir sollten dieses Vertrauen nicht aufs Spiel setzen.

Talblick vom Steinafjell am Folgefonn- Gletscher

Eigentlich hätte ich es mir ja denken können, hatte ich doch heute Morgen schon reichlich Hochgebirgsluft geschnuppert. Als wenn das noch nicht genug gewesen wäre musste ich mir diesen Pass ebenfalls einverleiben. Steigungen die nach Allrad schrieen, Kurven bei denen man sich eine mitlenkende Hinterachse wünschte und eine Fahrbahndecke bei der jeder Rübenacker als Rennpiste durchgeht. Und das alles mit Migräne, warum tue ich mir das an? – Die Antwort kommt spätestens am Ziel und zwar ohne wenn und aber. Diese Aussicht entschädigt für alles, zumindest was den Blick ins Tal angeht. Vom Gletscher war nichts zu sehen. Entweder weil er noch total verschneit war oder aber nur vom Gipfel aus zu sehen ist. Dieser ist nur mit den Skilift zu erreichen. Ich verzichtete darauf weil ich meine Skier gerade mal nicht dabei hatte.


Die alte Kirche von Jondal. Die neue liegt gleich gegenüber

Nach einem kurzen Aufenthalt hieß es wieder hinunterkommen und ich danke meinem Schutzengel, dass er mich an den zwei heiklen Stellen das Lenkrad in die richtige Richtung drehen ließ. Sonst wären diese Zeilen wohl ungeschrieben geblieben.


Ytre Samlafjord, Nebenarm des Hardangerfjord

Danach ging es mit der Fähre über den Hardangerfjord, dessen Reiz mir leider weitgehend verborgen blieb. Etwa einen Kilometer vor Vikøy am Ytre Samlafjord gibt es einen richtig schönen kleinen und gemütlichen Platz auf einen Bauernhof mit sehr netten Wirtsleuten. Genau das richtige für meinen malträtierten Schädel.









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