Sonntag, 19. Dezember 2010

Norwegen 2006 - Eine Winterreise mit der Hurtigrute - 4.Tag - Teil 1 – Trondheim früh am Morgen

Trondheim früh am Morgen

Der Schlaf hatte mit gut getan, wäre da nur nicht Madame Migräne in der Nacht zu mir gekommen. So fiel es mir etwas schwerer das Bett zu verlassen. Nach einer Dusche und einem ausgiebigen Frühstück sah die Welt aber schon anders aus.

Alte Lagerhäuser am Nidaelv, gegenüber dem Bahnhof

Um 09:00 Uhr war ich für den Stadtspaziergang bereit. Die Hälfte unserer Liegezeit war bereits verstrichen, aber bis zwölf Uhr war noch genügend Zeit.
Noch immer lag die Dämmerung über der Stadt. Das Tageslicht ließ sich ausgiebig Zeit.


Weinachtliche Stimmung in den noch menschenleeren Straßen

Als erstes erkundete ich den Weg zum Bahnhof. Keine fünfzehn Minuten dauerte es und wenn es in acht Tagen nicht gerade junge Hunde regnete ließ sich der Weg auch mit Gepäck gemütlich bewältigen. Doch soweit war es ja noch nicht.

Bunt geschmückte Fenster und die Statue eines Eisschnellläufers

Nur langsam bahnte sich das aufkommende Tageslicht durch die Dämmerung. In den Straßen erwachte langsam das morgendliche Treiben. Die Hafenhäuser auf Stelzen, gegenüber dem Bahnhof spiegelten sich mit ihren Leuchtreklamen im Nebenarm des Nidaelv wider.
Auf dem Weg zum Torget scheint es der steinerne Eisläufer eilig zu haben. Die erleuchteten Fenster neben ihm sind weihnachtlich geschmückt und bilden einen schönen Hintergrund.

Kinder unterm Weihnachtsbaum am Torget

Am Torget hat sich eine Kindergartenklasse unter dem großen Weihnachtsbaum versammelt. Sie sangen ein Weihnachtslied und die Betreuer machten Erinnerungsfotos. Danach versteckten die Kinder ihre Wunschzettel unter den ausgelegten Tannenzweigen. Fragend schauen sie in meine Richtung, so als wüsste ich die Antwort darauf ob ihre Wünsche in Erfüllung gehen.


Kanaldeckel am Nidaros Dom

Ich weiß es natürlich nicht und setze meinen Weg zum Dom fort, der im bläulichen Morgenlicht wie eine Trutzburg anmutet. Tatsächlich lässt er sich von einzelnen Touristen nicht erobern, erkunden. Eine Besichtigung ist nur in der Gruppe und mit Führung möglich. Um 12:00 Uhr wäre es dann wieder soweit und mein Schiff weg. So sei es. Ich begnüge mich mit der Außenbesichtigung. Seit meinem letzten Besuch vor sechs Jahren hatte sich so einiges verändert. Das kleine, kioskgroße Kassenhäuschen ist einem großen Glaspalast mit Souvenirshop gewichen. Ein moderner Bau aus Stahl, Beton und Glas, Er wirkt wie ein Geschwür am altehrwürdigen Dom. Gleich dahinter hat sich eine Kunstgalerie angesiedelt. Ein ebenso moderner kobaltblauer Betonkubus, der von einer südamerikanisch wirkenden Statue, vor dem Eingang, bewacht wird.


Der blaue Kubus des Kunstmuseums am Dom

Rechts neben dem Dom liegen die ehemaligen Waffenkammern und eine Kapelle, die den großen Exerzierplatz umgeben.


Die Westfront des Nidaros Doms

Ich setzte meinen Weg fort. Ziel war die Flussbrücke Bybroen. Links und rechts der Brücke liegen die denkmalgeschützten Lagerhäuser, die mit ihren hölzernen Stelzen im Nidaelv stehen. Das ein oder andere Haus hat bereits eine Stehhilfe aus Beton bekommen. Und wer genau hinsieht wird feststellen, dass der Zahn der Zeit und die Fäulnis an den einst unerschütterlichen Baumstämmen nagen. Weitere Betonkorsetts werden dann wohl folgen.


Bybroen, die alte Brücke über dem Nidaelv

Am Ende der Brücke folgte ich der Straße die geradewegs steil voran führt. Die Straße ist so steil, dass die Stadtherren ihr einen Fahrrad- und Kinderwagenlift spendiert haben. Eine einfache Schiene neben der Bordsteinkante mit einem Schiebemechanismus der auf Knopfdruck aktiviert wird.

Blick von der Brücke auf die alten Speicherhäuser

Die Straße führt hinauf zur Festung Kristiansen. Das weiße Gebäude ist weithin sichtbar. Unterhalb der Festungsmauern finden sich in den Nebengassen die typischen bunten Holzhäuser.


Hoch über Trondheim die historische Festung Kristiansen

Der Eintritt ist frei. Auf dem Gelände stehen zahlreiche historische Kanonen, aber auch, teils abgedeckte, moderne Haubitzen. Diese symbolisieren, dass der Verteidigungszweck der Festungsanlage auch heute noch Bedeutung hat.


Der Blick reicht weit über die Stadt hinaus

Doch was mich viel mehr beeindruckt ist der weitreichende Ausblick auf Trondheim. Allein dafür lohnen sich die Mühen des Aufstiegs allemal.


Die Altstadt von Trondheim

Zurück am Nidaelv. Noch ein kurzer Bummel durch die Altstadtanlage. Das Wasser des Flusses steht still und wirkt wie ein Spiegel in dem sich die Lagerhäuser, die Bybroen und der Dom widerspiegeln. Ich folgte dem Weg am Kai entlang. Die Lagerhäuser beherbergen heute kleine Unternehmen, Arztpraxen und Wohnungen mit einzigartigem Ausblick. Und selbst die Neubauten orientieren sich am Stl der alten Lagerhäuser. Alt und neu gehen hier eine Symbiose ein, ohne dass das ein oder andere dadurch gestört wird.
Nach mehr als zweieinhalb Stunden beendete ich den Rundgang. Wenig später legte unser Schiff ab und ließ die durchaus reizvolle Stadt hinter sich.










Norwegen 2006 - Eine Wintereise mit der Hurtigrute - 3.Tag - Von Ålesund bis Molde-

Von Ålesund bis Molde

Ich hatte nicht einmal mehr mitbekommen, dass wir den Hafen in Bergen verlassen haben. Dennoch habe ich nicht wirklich gut geschlafen. Das Gebläse oder der Lüfter der Klimaanlage war doch ziemlich laut.
Während des reichhaltigen Frühstücks passierten wir Maløy und die "singende" Brücke. Mir hat sie kein Liedchen geflüstert, aber vielleicht war ihr Dirigent, der Wind, gerade nicht zugegen.

Um das Westkap herum

Die Reiseleitung verkündete die bevorstehende Umfahrung des Westkaps. Was sie uns nicht sagte, war die Tatsache, das, wir dem Sturm eine zeitlang unsere Breitseite anbieten mussten. Das Schiff wurde ordentlich durchgeschüttelt und das gerade zu mir genommene Frühstück schrie nach frischer Luft. Vielleicht sollte ich erwähnen, dass ich gerade eine Nebenhöhlenentzündung hinter mir hatte, meine Kabine weit vorne im Bug lag und ich eigentlich nichts mit Seekrankheit am Hut habe. Der Gang an die frische Luft beruhigte meinen Magen wieder und ich durfte das Frühstück behalten.


Blick auf die Küstenlandschaft hinter dem Westkap

Auf meinem anschließenden Gang durch das Schiff traf ich auf ein doch merkwürdiges Paar. Nach einem kurzen Gespräch hießen sie fortan nur noch "Der wilde Irrwisch und der arme Gnom." Beide waren sehr erregt und die Frau (Irrwisch) erzählte in dramatischer Weise, dass ihr Gepäck abhanden gekommen sei. Es fehlte wohl nicht nur ein Gepäckstück, nein alles war verschwunden.
Es wurde geschimpft und gezetert. Von Unverschämtheit und von so viel Geld für die beiden Einzelkabinen war die Rede, da dürfe so etwas doch nicht geschehen. Ihr Lebensgefährte (Gnom) nickte ab und an dazu und hatte ansonsten wohl auch nicht viel zu sagen.
Immerhin sollte das Gepäck in Ålesund an Bord kommen. Ja warum dann die ganze Aufregung? - Vielleicht um Aufmerksamkeit zu erlangen.


Kleine Siedlung vor Ålesund

In Ålesund nutzte ich die Zeit für einen kleinen Stadtrundgang. Zwar war ich schon 2005 in der Stadt doch gibt es immer noch etwas zu entdecken. So auch der Aufstieg zum Aksla. Dennoch belasse ich es bei der Entdeckung, schlendere durch die vorweihnachtlich geschmückten Gassen und betätige mich als Reiseführer für andere Mitreisende. Wer weiß wofür das noch mal gut ist.

Ålesund liegt vor uns, aber wo ist der Winter?

Besonders die liebevoll gestalteten und gepflegten Fassaden der Jugendstilbauten sind schön anzusehen und zeigen mit welcher Hingabe die Bewohner an ihren Häusern hängen.
1904 wurde der größte Teil der Stadt bei einem Großfeuer vernichtet. Mehr als zehntausend Menschen wurden über Nacht obdachlos. Der Wiederaufbau der Stadt erfolgte im heute so sehenswerten Jugendstil. Einer Bauart, die in Norwegen nur selten anzutreffen ist und Ålesund so einmalig macht.


Blick auf den Stadtberg Aksla

Zweieinhalb Stunden Aufenthalt reichen völlig um die Stadt ohne Eile zu erkunden. Wer den ein oder anderen Museumsbesuch, das Aquarium oder die Ersteigung des Aksla über seine 418 Stufen ins Auge fast sollte sich ruhig einen Tag Zeit nehmen. Vorausgesetzt man ist nicht zeitabhängig mit der Hurtigrute unterwegs. Dann muss man abwägen was einem am meisten zusagt. Wie auch immer die Entscheidung ausfällt, wer nicht pünktlich an Bord ist muss damit rechnen, das sein Gepäck ohne ihn weiterfährt.


Möwe am Kai

Unsere Gruppe war vollständig und pünktlich wieder beim Schiff. Am frühen Nachmittag geht die Reise weiter Richtung Molde. Schon beginnt sich das kurze Tageslicht zu verabschieden. Einzig der Vollmond zögert diesen Prozess hinaus und taucht die langsam vorbeiziehenden Küstenlandschaften in ein stimmiges bläuliches Leuchten.


Ålesund wird auch das Venedig des Nordens genannt. Warum sieht man hier.

In Molde ist der Himmel samtschwarz und die vielen tausend Lichter funkeln wie gelbe Diamanten. Einzig das markante Rica Seilet Hotel wirkt unterbelichtet. Lediglich der Antennenmast auf dem Dach ist hell erleuchtet. Ansonsten lässt sich die Form des Hotels, die einem Segel gleicht, in der Dunkelheit nicht einmal erahnen. Gleiches gilt für den Dom, doch hier reicht immerhin die Beleuchtung der Einkaufsstraße aus. Die Impressionen fing ich vom Deck unseres Schiffes ein. Zu kurz der Aufenthalt in Molde.


Ålesund im weihnachtlichen Glanz

Wenig später war das Dinner angesagt. Hier wird das Sprichwort; Das Auge isst mit, voll und ganz erfüllt. .Die Speisen werden vor den Augen der Gäste sehr dekorativ auf die Teller gebracht. Und was so gut aussah schmeckte auch so. Einfach vorzüglich.


Vollmond auf dem Weg nach Molde

Gegen Mitternacht erreichten wir Kristiansund. Von mir ungesehen, ich wollte versuchen den fehlenden Schlaf nachzuholen.


Molde im nächtlichen Glanz









Norwegen 2006 - Eine Winterreise mit der Hurtigrute - 2. Tag Teil 2 - Intermezzo

Intermezzo

Eine Reise ohne Überraschungen ist wie Weihnachten ohne Geschenke. Ich weiß nicht ob und wer das gesagt hat, aber wenn es denn jemand gesagt haben sollte, dann hat er es sicherlich ganz anders gemeint.
Die erste Überraschung hatte ich bereits in Kiel empfangen, der Hinweis darauf, dass die „Kronprinz Harald“ mit dem ich meine Reise beenden sollte einen Motorschaden hatte.
Die zweite Überraschung ereilte mich gleich nach dem Einchecken auf der MS Midnatsol. In der Annahme die Kabine noch nicht beziehen zu können fragte ich also wann ich dies tun könnte. Erstaunte Blicke erntend wurde mir im Brustton der Überzeugung mitgeteilt, dass ich selbstverständlich sofort meine Kabine beziehen könnte.
Wie schön und angenehm nach der langen Bahnreise. Und wie schnell mein Gepäck vor der Kabine geparkt wurde. Kaum mehr als zwanzig Minuten waren vergangen seit ich an Bord gegangen bin. Im Sommer musste ich beinahe drei Stunden warten.

Midnitsol Deck 9 - Freiluft- Whirlpool und Duschkabinen mit Lichtspiel

Wenig später dann die Erklärung. Die Midnatsol war gar nicht als Postschiff unterwegs gewesen. Es hatte die letzten sechs Wochen als Hotelschiff gedient. Das große Reinemachen nach dem Einlaufen im Hafen und das damit verbundene Warten auf die Kabine, so wie im Sommer, fanden nicht statt.
Während des Abends wurden uns dann noch verschiedene andere Kleinigkeiten mitgeteilt. Da war zunächst die Tatsache, dass wir unseren Liegeplatz verlassen mussten, wegen Hochwasser. Dann der Hinweis, dass wir erst gegen Mitternacht auslaufen würden, weil am ersten Montag im Dezember das traditionelle Weihnachtsessen an Bord stattfindet, an dem auch Gäste aus der Stadt teilnehmen können. Tatsächlich war der Speisesaal mehr als gut gefüllt. Und wie sich später zeigte waren wir gerade mal fünfzig Touristen an Bord!
Aber damit war das Überraschungspaket noch keinesfalls vollständig. So wurde uns mitgeteilt, dass wir morgen vor Ålesund einen Umweg fahren müssen, weil wir wegen des Hochwassers wohl nicht unter die Brücken passen. Und zu dem erwartete man Sturm am Westkap.
„Na denn mal zu, das geht ja gut an!“


Das Wasser dampft, die Lichter funkeln. Verführung um den Gefrierpunkt

Und als ob das alles für einen Tag noch nicht reichte hatte ich beim Abendbüfett mal wieder das ausgesprochene Glück ganz reizende Tischnachbarn zu haben.
Er, wahrscheinlich Anfang fünfzig, Typ erfolgreicher Geschäftsmann, Midlifecrisis hinter sich und den dritten, vierten oder auch fünften Frühling gerade entdeckend.
Sie, Grund für diese Frühlingsanwandlungen, mindestens zwanzig, wenn nicht mehr Jahre jünger, verdammt gut aussehend aber blond. Ist ja auch nicht weiter tragisch, wenn da bloß nicht dieses Gespräch gewesen wäre.
Er: „Weißt du Liebling, das ist ja gar nicht so einfach einen Schlussstrich zu ziehen. Darin habe ich keine Erfahrung, das muss ich erst lernen.“
Sie: „Was soll das heißen? Du kannst deine Frau nicht noch länger im Unklaren lassen. Du musst ihr reinen Wein einschütten, das ist nicht fair von dir.“
Wie gut für ihn, dass in diesem Augenblick der Kellner erschien und ihm eine Atempause verschaffte. So konnte er schnell mal wieder den feudalen Lebensstil raushängen lassen.
„Wie wäre es mit einem 2000er Beaujaulais, mein Herr?“
„2000er? Haben sie keinen 94er, etwas Anspruchsvolles?“
„Tut mir leid, aber der 2000er ist mindestens ebenso gut.“
„Na schön, dann nehmen wir den“, sagte er bestimmend und etwas zu schnell überzeugt.

Blick in das Foyer mit zehn Meter hohem Weihnachtsbaum

Das lässt mich zu der Vermutung kommen, dass er doch nicht so viel Ahnung hatte, wie er vorgab. Kaum war der Kellner gegangen wurde das Gespräch fortgesetzt. Leider so laut, dass ich überhaupt keine Chance hatte wegzuhören, was ich liebend gern getan hätte.
Sie: „Weißt du, ich finde das echt beschissen von dir. So kannst du nicht mit deiner Frau umgehen, und auch nicht mit mir.“
Bravo Mädchen, bravo. Du bist ja doch nicht so blond wie du aussiehst wollte ich ihr applaudieren und zurufen.
Er: „Aber Liebling, ich brauche doch nur etwas Zeit ...“
Sie: „Zeit? Am liebsten würde ich gleich wieder aussteigen ...“
Ja, tue es, versetz ihm den K.o.- Schlag, denke ich bei mir und hege noch die Hoffnung, dass mir das Essen vielleicht doch noch mundet.
Erneut erscheint der Kellner mit dem flüssigen Gefügigmacher und unterbricht den sich anbahnenden Eklat.
Er hätte sich am liebsten gleich die ganze Flasche an den Hals gesetzt, da jedes ihrer folgenden Worte wie eine schallende Ohrfeige klang.
Sie: „Weißt du was ich glaube, du willst deine Frau gar nicht verlassen. Du benutzt mich bloß, du liebst mich gar nicht.“
Der Schlag hatte gesessen. Fünf Worte aus dem Mund einer Frau, die jede Stimmung eiskalt töten konnten.
Sein Kopf sackte nach vorne und er musste seinen linken Arm zur Hilfe nehmen, um das mit schweren Gedanken gefüllte Haupt zu stützen. Wahrscheinlich sah er in diesem Moment das schöne Geld, welches er für diesen Trip investiert hatte, auf nimmer wiedersehen verloren. Anstatt auf Wolke sieben am Busen des Jungbrunnens, am Boden zerstört und von den Absätzen der High Heels durchbohrt.

Kunst an dem Wänden

Würde er sich noch einmal von diesem Tiefschlag erholen können, fragte ich mich heimlich schadenfreuend.
Tatsächlich unternahm er noch einmal einen Versuch, wobei die Zeit des Schweigens doch schon alles gesagt hatte, oder?
Er: „Aber Liebling, so etwas darfst du nicht einmal eine Sekunde lang auch nur denken. Das ist verschwendete Zeit. Du weißt, dass es nicht so ist wie du sagst. ICH LIEBE DICH! Wären wir sonst hier?“
Wie würde sie reagieren, warum schmeckte mir der Wein auf einmal so fad? Ich ahnte was nun kommen würde.
Seine feuchte und vor Angstschweiß kalte Hand ruhte auf die ihre und ich konnte geradewegs durch ihre Bluse hindurch sehen, wie ihr Herz dahinschmolz. Tropf, Tropf, Tropf.
Ich wollte ihr noch zurufen: „Hör nicht auf das jämmerliche Geschwätz, der wird seine Frau nie verlassen“, doch da war es schon zu spät. Wahrscheinlich kann er sie auch gar nicht verlassen, vielleicht gehört ihr ja das Geschäft und das Vermögen.
Sie: „Tut mir leid, du hast ja recht.“
Da hatte sie ihn gerade noch am Boden liegen, war stark und selbstbewusst. Und nun ging sie selbst zu Boden, auf die Knie oder auf die Matratze und war nur blond und schön.
Er: „Zum Wohl mein Schatz. Wir werden uns eine superschöne Zeit machen“, sagte er mit einem triumphierenden Lächeln und stieß mit ihr an. Kling, schlürf, lechz.
Genau darauf läuft es doch hinaus Mädchen. Geh schon mal in die Kabine und mach dich zurecht. Nee, nee, nicht das Abendkleid, das kleine Rote mit Spitze. Leicht verpackt, damit es nicht in Arbeit ausartet.

Blick vom Panoramdeck der Midnitsol

Nach diesem verbalen Schlagabtausch, mit überraschendem Ende, am Nachbartisch war mein Bedarf an Überraschungen gedeckt. Darüber hinaus haben mich die lange Zugfahrt und das Nichtstun ziemlich ermüdet. Also ab in die Koje.

Am zweiten Abend hat er sich bereits all die kostspieligen Dinge des Vortages gespart. Kein drei Gänge Menü, kein teurer Wein. Seine Worte am Schnellrestaurant des Schiffes:

„Schau mal Liebling, hier gibt es ja auch warme Speisen. Wenn du Hunger hast können wir auch hier was essen.“
Mahlzeit!