Sonntag, 31. Januar 2010

Norwegen 2005 - Zu Land und Wasser - 13. Teil 2 – Hammerfest

Hammerfest

Ausgangspunkt meines Stadtrundgangs ist der Campingplatz oberhalb der Stadt. Von dort hat man einen herrlichen Blick auf den Skrøysund. Nachdem ich mein Zelt aufgebaut hatte und bereits mehr als 10 Kilometer zu Fuß hinter mir lagen, beschloss ich mit dem Fahrrad in die Stadt zu fahren. Das Wetter versprach eine schöne Nacht und die Hoffnung auf eine einzigartige Mitternachtssonne zwischen zwei Bergrücken im Sund. Für die Fotos musste die Kompakte herhalten, weil ich nicht soviel Ausrüstung mitnehmen wollte.

Kirche von Hammerfest

Auf dem Weg hinunter in die Stadt traf ich zuerst auf die Kirche. Hammerfest scheint für Kirchen kein guter Ort zu sein. Einstmals besaß der Ort fünf Kirchen, die allesamt dem Feuer zum Opfer fielen. Das neue Gotteshaus wurde 1961 geweiht, nachdem es nach Plänen des Architekten Hans Magnus aus Oslo fertiggestellt war. Für die Glasgemälde, die Bildnisse des christlichen Glaubens darstellen, war der Künstler Jardar Lunde verantwortlich.


Außen abweisender Beton, innen einladende Farben und Klänge

Das Kreuz und die Altarverkleidung bestehen aus Glasmosaik. Aus der ersten Kirche konnte eine Altartafel von 1623 gerettet werden, die heute in der Seitenkapelle zu finden ist. Diese wirkt wie eine eigenständige Kirche und wird neben kirchlichen Veranstaltungen auch als Gemeindesaal benutzt. Die Orgel hat 19 Stimmen und etwa 1800 Pfeifen. Gebaut wurde sie von Jørgensen 1961 in Oslo. Die Holzschnitte an der Empore zeigen die früheren Kirchen von Hammerfest, sowie die Kapelle am Friedhof. Sie ist das älteste Gebäude der Stadt und wurde 1937 erbaut. Alles andere ging in der Feuersbrunst unter, die im Januar 1945 von deutschen Soldaten entfacht wurde.


Blick auf den Skrøysund

Alles in allem hat die evangelische Kirche ein sehr ansprechendes Inneres. Die äußere Gestaltung mit viel Beton wirkt nüchtern und kalt. Das Personal war alles andere als kalt oder abweisend. Obwohl ich die Kirche zur Schließungszeit betrat gewährte man mir ausführliche Betrachtung und erzählte mir einige Details. Vielen Dank für diese christliche Gastfreundschaft.

Möwe im Landeanflug

Mein nächstes Ziel war der Hafen auf der anderen Seite. Hier steht die Meridianstøtten. Eine Weltkugel auf einer Steinsäule, die an der Gradmessung zur Bestimmung von Größe und Form der Erde erinnert. Zwischen 1816 und 1852 hatten norwegische, schwedische und russische Wissenschaftler gemeinsam daran gearbeitet. Die Aussicht auf den Sund und die vorgelagerten Inseln in der untergehenden Abendsonne ist fantastisch. Wären da nur nicht aufkommenden grauen Wolken gewesen, die diesen Anblick trübten.

Die Meridiansäule

Danach ging zurück in die Stadt, die zumindest aus der Ferne einige reizvolle Ausblicke bot. Aus der Nähe betrachtet wirkt Hammerfest nüchtern und zweckmäßig, manchmal sogar kalt, ohne den Reiz, den viele andere norwegische Städte zu bieten haben. Den sogenannten Zickzackweg hinauf zum Salem solltest du keinesfalls auslassen, wenn du schon mal in Hammerfest bist. Allerdings entpuppte sich das Mountainbike in dem Fall als sehr hinderlich. In fünf trampelpfadbreiten Serpentinen mit Steigungen von über 30°, war der Weg hinauf quälend und schweißtreibend. Die Belohnung für die Schinderei ist ein weiter Blick über die Stadt. Neben der weitreichenden Aussicht sind die Überreste einer Geschützanlage zu finden. Und wer sich etwas Gutes zu Essen gönnen will ist im hoteleigenen Restaurant sicher richtig.

Pavillion in Hammerfest

Für den Rückweg wählte ich wieder die Straße und damit den Einsatz des Fahrrades. Durch den Umstand einmal zu früh abgebogen zu sein, konnte ich mich davon überzeugen, dass die Jugend in Hammerfest sich nicht anders vergnügte als daheim. Es gab einen großen Rummelplatz, laute Musik dröhnte durch die Straßen und es roch nach frischem Popcorn und gebrannten Mandeln. Das Fest der Sommersonnenwende hatte auch hier Bestand, wenn auch nicht so ausgelassen wie im Süden. Schließlich gab es hier mehrere Wochen lang keine Nacht.


Hammerfestblick vom Salem

Danach war ich wieder auf dem richtigen Pfad, vorbei an der kleinen katholischen Kirche und hinunter zum Markt. Hier steht das Rathaus, das von zwei riesigen Eisbären flankiert wird und in dem du dir die Mitgliedschaft im Eisbärenclub sichern kannst. Vorausgesetzt du stehst nicht am Abend vor der Tür. Die Skulptur, „Schiff am Hafen“, ist nicht wirklich interessant. Gleich daneben die Büste von Ole Olsen, der in Hammerfest geboren wurde.



Bunte Blumenbeete

Beinahe drei Stunden und zwanzig Kilometer waren vergangen, als ich wieder auf dem Campingplatz eintraf. Der Weg hinauf hatte mir die letzten Kraftreserven geraubt und ich sehnte mich nach einer heißen Dusche und einem guten Abendessen. Zwei Wünsche, die leicht zu erfüllen waren. Der dritte Wunsch vom frühen Abend im Bezug auf die Mitternachtssonne konnte auch durch ein Gebet nicht erfüllt werden. Von Südosten trieben immer mehr Wolken heran und vereinigten sich zu einer undurchdringlichen grauen Masse.



Rathaus Hammerfest und der Eisbären Club

Die Sonne war längst verschwunden und selbst die Berge links und rechts des Sundes waren nicht mehr auszumachen. Und als ich den Waschraum verließ öffneten sich die Himmelsschleusen.


Brunnen vor dem Rathaus mit Vigeland Skulpturen









Norwegen 2005 - Zu Land und Wasser - 13. Teil 1 - Blutsauger und Steintrolle

Blutsauger und Steintrolle

Die Mücken hatten am vergangenen Abend ganze Arbeit geleistet. Ich hätte vielleicht doch nicht so stur sein sollen, die ganze Zeit im Liegestuhl zu sitzen obwohl Divisionen von Blutsaugern unermüdlich über mich herfielen. Die Strafe folgte auf dem Fuße. Oberschenkel und Knie sind dunkelblau und angeschwollen. Das gleiche gilt für den linken Fußrücken. Und das, obwohl ich lange Hosen und auch Socken anhatte. Solche Kleinigkeiten waren für die gierigen Biester keine Hindernisse. Ihr Gift ist so aggressiv, dass ich jederzeit mit einer Blutvergiftung rechnen muss. Ich werde die Wunden in den nächsten Tagen genauer zu beobachten müssen.

Junges Ren hinter Tana Bru

Der Campingplatz konnte mich nicht überzeugen dafür stimmte der Service nicht. Eine einzige Dusche für den gesamte Platz, dazu unverschämte 20 NOK (etwa 2,50 €) für fünf Minuten warmes Wasser. Weder der Papierhandtuch-Spender noch Toilettenpapier wurden aufgefüllt und das schon seit Tagen nicht, wie mir ein anderer Camper sagte. Wenn der Service im angeschlossenen Hotel ebenso ist, dann werden die Gäste ganz sicher nur einmal kommen du dann nie wieder.
Nun wurde es aber Zeit loszufahren, nachdem ich auch noch eine Stunde mit einem Schweizer geplaudert hatte. Beinahe unglaublich die Geschichte. Er war von der Schweiz über St. Petersburg mit dem Fahrrad unterwegs. 5000 Kilometer lagen bereits hinter ihm. Noch mal soviel sollten es werden, ehe er wieder in der Heimat war. Und der gute Mann war schon gut über sechzig!


Die Kirche von Skardjajarvi

Heute sollte hauptsächlich Weg überbrückt werden. Diesen Streckenabschnitt war ich bereits vor drei Jahren gefahren. Die kleine Wegkirche in Tana betrachtete ich im Vorbeifahren. Die Geschichte hatte ich vor etwa zwei Jahren an dieser Stelle erzählt.
Hinter dem Ort wurde die Straße zunehmend schlechter. Ein Patchwork- Flickenteppich kann kaum mehr Löcher und Farbnuancen haben wie der Teerbelag. Und dann wäre es tatsächlich beinahe passiert. Mitten in einer scharfen Rechtskurve eine große und tief ausgewaschene Stelle mit losem Schotter. Sofort begann der Wagen nach links zu rutschen, direkt auf den Abgrund zu. Eine Vollbremsung mit Hilfe des ABS entschärfte die Situation. Fortan fuhr ich noch etwas langsamer. Die Straße war nicht für die zugelassene Höchstgeschwindigkeit geeignet.

Blick über den Iffjord

Einen ersten Stop legte ich in Skardjajarvi ein (Sk wird wie unser Sch ausgesprochen) Eigentlich kein richtiger Ort, eher eine Ansammlung von einzelnen Gehöften und mit einer Kirche inmitten in der Einöde, wie wir die Umgebung wohl beschreiben würden. Diese dient den Menschen im Umkreis von 50 km ihren Glauben auszuüben. Die Kirche ist gerade mal so groß wie ein Einfamilienhaus. Daraus kann man Schlüsse zur Dichte der Besiedlung schließen.
Wenig später erreichte ich den höchsten Punkt der Kommune Gamvik. Unterwegs traf ich immer wieder auf kleine Rentierherden.

Canyonblick Børselv

Gerade noch dicke graue Wolken und zehn Kilometer weiter, direkt am Iffjord, strahlender Sonnenschein.
Die Straße führt durch baumlose karge Tundra. Einsam, ruhig, manchmal beängstigend still. Wer alleine reist freut sich schon über die Rentiere oder bunte Blumen am Straßenrand. Oder über den Wasserfall am Adamsfjord, der sich links unter der Straße ins Tal stürzt.
Weiter Richtung Børselv wurde der Straßenzustand langsam besser, oder die Bauarbeiter waren zumindest dabei die Spuren des Winters zu beseitigen. Der gleichnamige Fluss bildet den zweitgrößten Canyon Norwegens. Hier ist auch der nördlichste Fichtenbestand zu finden. (Fana) Auf der rechten Seite wurde wenig später der Porsangerfjord sichtbar. Mit 120 Kilometer Länge und 20 Kilometer Breite bietet er einen imposanten Anblick.

Kleines Freilichtmuseum Stabbursnes

Gegen Mittag erreichte ich Lakselv. Auf den ersten Blick erscheint der Ort wie eine große Wegkreuzung. Die RV 98 aus Osten trifft die E6 aus Südosten die weiter nach Norden oder Westen führt. Den kleinen Ort jedoch nur auf diese Weise zu betrachten wäre nicht fair. Er bietet Anglern ein ergiebiges Terrain, Campern einen wunderschönen Sandstrand direkt am Fjord mit der Möglichkeit die Mitternachtssonne über dem Fjord zu beobachten. Ein kleines samisches Spezialitäten- Restaurant hatte ich ebenfalls ausfindig gemacht, gleich gegenüber der Tankstelle. Das Haus öffnet jedoch erst um 20:00 Uhr. Wer lieber auf herkömmliche Speisen zugreifen möchte, dem sei das „Steklet“ gleich neben der Tankstelle empfohlen. Hier hatte ich sehr gut zu Mittag gegessen.

Porsangerfjord bei Trollholmen

Auf halbem Weg nach Olderfjord (E 6 Richtung Norden) liegt etwas abseits Stabbursnes. Die Landschaft lädt zum Wandern oder spazierengehen ein. Es gibt einen Kulturpfad und die auch Möglichkeit verschiedene Vogelarten zu beobachten. Für die Kleinen gibt es einen großen Spielplatz, den Nachbau einer Holzhütte der Samen, die mit Rentierfellen ausgelegt war und ein großes Luvvo. (samisches Zelt)

Farbspiel, weiße Felsen, rotleuchtendes Moos, blaues Meer und grüne Wiesen

Eine Stunde gönnte ich mir ehe ich nach Trollholmen weiterfuhr. Der Ort liegt etwas abseits der E 6 und ist für seine Trolldolomiten bekannt. Das sind Felsformationen, die ohne viel Fantasie verschiedene Figuren erkennen lassen. Da sind eine sitzende Katze oder Hund erkennbar, auch ein Frosch oder die berühmt gefürchteten kleinen Trolle.

Trollholmen

Vom Parkplatz vor dem Gehöft führt ein markierter Weg zu den Felsformationen. Gut zwanzig Minuten müssen pro Strecke schon einkalkuliert werden. Wer bei herrlichem Wetter ankommt, wie es mir an dem Nachmittag zuteil wurde, dehnt den Spaziergang mit Freuden noch etwas aus.


Kunst von der Natur erschaffen

Die wunderschönen Ausblicke über den türkisfarbenen Porsangerfjord. Und wer offenen Auges den Weg beschreitet, dem entgehen auch die leuchtend roten Moosgewächse auf dem fast weißen Gestein nicht. Auf meinem Rückweg verabschiedeten mich die Hunde des Hofes laut bellend und ein kleines Lamm stand meckernd an einer Felswand gedrückt, um sich vor der stechenden Sonne zu schützen.

"Sitzender Hund"

Mein Zeitplan war längst wieder aus allen Fugen geraten. Noch lagen gut 100 km vor mir. Hammerfest erreichte ich am frühen Abend, nachdem ich die Orte Olderfjord, Skaidi und Kvalsund weitgehend unbeachtet gelassen hatte. Wirklich viel zu sehen gibt es hier nicht. Landschaftlich beeindruckt die Gegend um den Repparfjord und dem gleichnamigen Fluss (Repparelva) bei Skaidi.
Nachdem ich mich auf den Campingplatz oberhalb von Hammerfest einquartiert hatte, machte ich mich am Abend mit dem Fahrrad auf den Weg in die Stadt.


Trollversammlung








Norwegen 2005 - Zu Land und Wasser - 12. Am Wendepunkt

Am Wendepunkt

In der letzten Nacht an Bord war die See zum ersten Mal unruhig. Nichts was auch nur annähernd als dramatisch zu bezeichnen gewesen wäre, es war einfach nur spürbar.
Am frühen Morgen erreichten wir Vadsø. Es war still, nur ein einzelnes Fischerboot tuckerte langsam aus dem Hafen vorbei am überdimensionalen, vergänglichen Ortsnamen, wenn die vielen tausend Blumen erst verblüht waren. Danach blieb noch genügend Zeit für ein letztes ausgiebiges Frühstück an Bord. Ein weiterer Abschnitt meiner Reise war unwiderruflich abgeschlossen. Zum einen bedauerte ich den Umstand, auf der anderen Seite freute ich mich auf die kommenden Dinge.

Im Hafen von Vadsø

Um viertel vor Neun erreichten wir den Hafen von Kirkenes. Drei Stunden Aufenthalt hatte die Richard With. Das Ausschiffen verlief so reibungslos, wie das Verladen in Bergen. Alles ging ruhig und gelassen vonstatten, so sehr, dass die Besitzer des neben mir parkenden Autos sich alle Zeit der Welt nahmen um ihre sieben Sachen zu verstauen. Irgendwann hatte auch das geklappt und ich durfte als Letzter den Bauch des Schiffes verlassen, weil mein Wagen hinter einer Säule geparkt war.
Noch ein letzter Blick zurück, adieu Hurtigrute und Richard With. Es war eine sehr angenehme Zeit mit all seinen Bequemlichkeiten. Nun hatte ich mir die Wildnis aber redlich verdient.


Kirkenes im Glanz frischer Farben

Mein erster Weg führte mich zum Touristenbüro und zur ersten Enttäuschung. Die Grenzflussfahrt war ausgebucht, nur die Nachttour war noch zu haben. Sicher sehr reizvoll und ein schönes Erlebnis bei entsprechender Witterung. Sollte ich wirklich den ganzen Tag verstreichen lassen? Nach guter Überlegung entschied ich mich dagegen. Wenn ich das Wetter richtig deutete würde es sich bis zum Mittag zugezogen haben. Darüber hinaus war ich nicht bereit neunzig Euro zu zahlen, um letztendlich im Regen zu stehen.

Vertriebenendenkmal am Torget von Kirkenes

Bevor ich mich auf die erste Etappe stürzte wollte ich wenigstens einen kleinen Bummel durch den Ort machen. Ich wählte den Weg hinauf zum Kriegsdenkmal, das an die Befreiung durch die russischen Soldaten erinnerte. Einige Bewohner verliehen ihrem Haus frische Farbe und beseitigten die Spuren des Winters. Weiter zur Andreasgrotte ein ehemaliger Luftschutzbunker aus dem zweiten Weltkrieg. Ein dickes Vorhängeschloss verhinderte den Eintritt. Ich schlenderte die Straße weiter durch ein ruhiges und sauberes Wohngebiet bis zum Torget (Markt). Mit Blumen war hier gut Geld verdienen. Große fahrbare Gestelle mit Stiefmütterchen in allen Farben wurden angeboten und auch gekauft. Ein weiteres Kriegsdenkmal zur Erinnerung an die Vertriebenen ist am Torget zu finden.

Wollgras in Neiden

Eine Stunde war vergangen, doch die Zeit schien in Kirkenes stehen geblieben zu sein. Zumindest dann wenn man sich nach der Kirchturmuhr richtete. Die Uhr war seit Jahren defekt und zeigte noch immer die gleiche Zeit, wie schon 2002 als ich das erste Mal in Kirkenes war.
Trotzdem wurde es Zeit, dass ich mich auf den Weg machte. Das erste Teilstück bis Tana Bru war mir bekannt. Gleich hinter Kirkenes beginnt ein acht Kilometer langer Abschnitt, welcher militärisches Sperrgebiet ist. Anhalten und fotografieren verboten. Die Motive waren, zumindest für mich, nicht wirklich ansprechend, so verspürte ich auch gar keinen Drang einen Stopp einzulegen.

Der Skoltefossen bei Neiden

Der Blick auf Neiden und dem Fluss im Tal, sowie dem Skoltefossen, luden schon eher zum Verweilen ein. Darüber hinaus zeigte sich das Wetter wesentlich freundlicher als vermutet. Allerdings machte ich hier auch gleich Bekanntschaft mit üblen Gesellen, die einem das Blut aus den Adern saugten. Man nennt sie auch die gemeine Stechmücke. Wenn man so gar nicht darauf vorbereitet ist, gelingt es den Biestern doch tatsächlich ihr grausames Werk zu vollenden. Das Ergebnis sind dann rasch anwachsende Schwellungen mit unangenehmem Juckreiz.

Blick auf Bugøynes

Grund genug das nächste Ziel aufzusuchen. Bugøynes, ein Fischerdorf in dem finnische Auswanderer leben und das als Zentrum für den Kamkatschka –Krabbenfang bekannt ist. Zudem war der Ort zum Kriegsende hin nicht niedergebrannt worden, so dass der finnische Baustil erhalten geblieben ist.
Mein erster Eindruck, es ist ein Dorf wie jedes andere auch. Als Laie ist man auch nicht in der Lage die Unterschiede der Baustile zu erkennen. Oder vielleicht bin auch nur ich nicht dazu fähig, kann ja sein. Mein zweiter Eindruck, es ist ein Ort der Gegensätze.

Fischerboote im Hafen

Mein erster Weg führte mich bis zum Ende der Hauptstraße. Dort liegt eine kleine Werft in der die Fischerboote überholt werden. Drei größere Schiffe lagen dort vor Anker. Dabei handelte es sich um russische Fischtrawler. Ihr Äußeres verriet warum sie hier standen. In meinen Augen ein Haufen Schrott. Dieser war auch im Umfeld der Werft, links und rechts der Straße, zu finden, die hier ohne Teerkleid auskommen musste. Ein trostloser und zugleich trauriger Fleck, der die Natur verschandelte, wenn nicht gar schädigte. Wer weiß schon was sich so alles in den verrottenden Fässern befindet.

Spatz auf einen Gartenzaun

Ich verließ diesen Teil des Ortes und kehrte rechts ein. Ich folgte dem Weg des Kreuzes welches weithin sichtbar war. Hier zeigte sich die andere Seite des Dorfes. Kleine Holzhäuser mit rotem, grünem, blauen oder weißem Anstrich. Mit freundlichen Menschen, die auch den Fremden in ihrem Ort grüßen. Ein kleiner Spatz nimmt mitten auf dem Weg ein Sandbad, ein anderer sonnt sich auf einen weißen Gartenzaun sitzend. Der große Kinderspielplatz ist verwaist, doch zeugen Plastikeimer, Holzspielzeug und zwei Tretautos von der regen Nutzung. Gleich gegenüber Stilleben. Eine alte Zinkwanne unter einem tropfenden Wasserhahn oder die Überreste einer ehemaligen Tankstelle. Ein Ort der in seiner Gesamtheit Freundlichkeit, Frieden, aber auch Gegensätze ausstrahlt.


Stilleben. Zinnwanne, Bootssteg und -Haus

Auf der einen Seite die Vergänglichkeit, symbolisiert durch die sterbenden Schiffe und auf der anderen Seite das Leben. Eine Art Kro oder Vertshus hatte ich im Dorf nicht gefunden, so legte ich am Abzweig zur E 6 auf einen schön gelegenen Parkplatz eine Brotzeit ein. Von hier hat man Ausblick auf den Bugøyfjord und die Sonne zeigte wozu sie fähig war, wenn sie denn durfte und nicht von Wolken daran gehindert wurde.

Rentiere, im Norden fast überall anzutreffen

Gut gestärkt setzte ich meinen Weg fort. Zwischen Javravbonna und Varangerbotn weideten zahlreiche Rentiere und bildeten schöne Motive mit der umliegenden Landschaft. Meine nächsten Ziele waren Nesseby und der Kulturpark Mortensnes. Die alte Kirche von 1858, die einsam auf eine Art vorgelagerter Insel steht, war verschlossen. So blieben mir nur die Außenansicht und die Betrachtung der alten eisernen Grabkreuze aus derselben Zeit. Einige Seevögel hatten sich hier ebenfalls niedergelassen, wie eine Hinweistafel am Parkplatz aussagte.

An den Menschen gewöhnt lassen sie sich kaum stören

Im Garten eines einzelnen Wohnhauses grasten zwei Pferde, eines davon war ein Fjordpferd. Beinahe so aufmerksam wie Wachhunde, verfolgten sie jeden meiner Schritte. Erst als ich mich weit genug entfernt hatte zupften sie mit ihren wulstigen Lippen frische Gräser vom Erdreich.
Nur wenige Kilometer liegt Mortensnes. Hier sind Spuren von Besiedlungen gefunden worden, die mehr als 6000 Jahre alt waren. Diese Funde liegen auf einem weitläufigen abgegrenzten Areal. Leider blieb mir der Zutritt verwehrt, das Tor war verschlossen, ebenso das kleine Gebäude. Und unter der hinterlassenen Telefonnummer meldete sich auch niemand. So blieb nur ein Spaziergang auf dem übrigen Gelände, welches außer der würzigmilden Luft und kleinen Blumen zwischen rauem Felsgestein nichts weiter bot.

Grabkreuz auf dem Friedhof von Nesseby

Auf dem Weg zurück nach Varangerbotn ein weiteres Bild der Vergänglichkeit. Ein halb verwestes Rentier, etwas abseits der Straße auf einem Felsblock. Das Werk eines Raubtieres? – Wohl kaum, es sei denn der Mensch zählt zu dieser Kategorie. Alles deutete darauf hin, dass ein Wilderer oder Trophäenjäger am Werk gewesen sein muss. Die Ohren waren abgeschnitten und lagen vor dem Stein. Das Gehörn fehlte gänzlich und das Tier lag dort wie auf einem Opferstein. Dieses Bild stimmte mich traurig. War das, das Werk eines Touristen? – Die Frage wird wohl unbeantwortet bleiben, ebenso die eines sinnlosen Todes. Die Bilder dazu erspare ich euch.

Klein und fast unscheinbar, die Polarblume

In Tana Bru wurde es Zeit den Tag zu beenden. An der einzigen Tankstelle im Ort eine weitere unangenehme Überraschung. Der Benzinpreis lag inzwischen bei 1,45 €. Eine Woche zuvor, in Odda, zahlte ich noch rund 1,30 €. Aber davon ließ ich mir die Urlaubslaune nicht verderben. Was den gottverdammten und völlig überflüssigen Stechmücken unter gewissen Umständen schon gelingen konnte. Sie machten es mir wirklich schwer den milden und trockenen Abend im Freien zu verbringen.